Das ist die erste Transfrau in einer europäischen Regierung
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Grüne Petra De Sutter (57):Das ist die erste Transfrau in europäischer Regierung

Sie wurde gemobbt, studierte Gynäkologie und regiert jetzt Belgien mit
Das ist die erste Transfrau in einer europäischen Regierung

Mit der Pandemie wurde Petra de Sutter eine der wichtigsten Stimmen in Belgien. Nun muss sie das Land mit auf Corona-Kurs bringen. Dort explodieren derzeit die Fallzahlen.
Publiziert: 22.10.2020 um 14:34 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2021 um 16:47 Uhr
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Vereidigt: Die Ärztin Petra De Sutter (Grüne) ist seit Oktober Ministerin und Vizepremierministerin in Belgien.
Foto: DUKAS
Fabienne Kinzelmann

Als Belgien nach 493 Tagen Ende September endlich eine neue Regierung bekam, ging diese Nachricht fast unter – dabei ist sie historisch: Mit der neuen Vizepremierministerin Petra De Sutter (57) ist das erste Mal in Europa eine Transfrau Ministerin.

«Ich bin stolz, dass dich in Belgien und einem Grossteil Europas nicht die geschlechtliche Identität als Person definiert», twitterte De Sutter, nachdem sie bei König Philipp (60) den Amtseid abgelegt hatte. Dennoch gilt ihre Ernennung als starkes Signal an Transmenschen weltweit – und auch innerhalb Europas, wo Länder wie etwa Polen die Rechte der LGBTQ-Community sogar zunehmend einschränken.

Aussenministerin liegt auf Intensivstation

Die Corona-Krise machte die erfahrene Grünen-Politikerin und Ärztin als Gesundheitsexpertin bekannt. Belgien war bereits in der ersten Welle schwer betroffen und wurde auch in der zweiten nicht verschont. Bisher verzeichnet das 11,5-Millionen-Einwohner-Land 10'539 Corona-Tote – umgerechnet auf die Einwohnerzahl mehr als viermal so viele wie die Schweiz. Täglich gibt es im Land seit einer Woche rund 10'000 Neuinfektionen.

Besonders betroffen sind die Hauptstadt Brüssel und der französischsprachige Landesteil Wallonien. Eine mögliche Erklärung für die hohen Zahlen in Wallonien könnte eine gewisse Sorglosigkeit sein, nachdem die Region in der ersten Welle eher verschont blieb.

Aussenministerin auf der Intensivstation

Am Donnerstag wurde bekannt, dass Belgiens Aussenministerin Sophie Wilmès (45) seit Mittwoch wegen einer Covid-19-Erkrankung auf der Intensivstation behandelt werden muss. Ihr Zustand sei stabil, aber es bedürfe einer professionellen Betreuung. Wilmès führte als geschäftsführende Ministerpräsidentin durch die erste Welle. Ihr Nachfolger Alexander De Croo (44) wünschte auf Twitter gute Besserung.

Belgien ist politisch gespalten und hat den Ruf, unregierbar zu sein. Im Dezember 2018 zerbrach die Koalition mit der flämischen Separatistenpartei «Neu-Flämische Allianz» (N-VA) am Zoff um die Migrationspolitik. Nun ist eine sozialliberale Koalition mit vier Parteien am Drücker. Angelehnt an die «Vier Jahreszeiten» nennt sich das Regierungsbündnis «Vivaldi-Koalition».

Gesundheitsminister warnt: «Nah an einem Tsunami»

Unter dem Liberalen Alexander De Croo (44) und dessen Stellvertreterin Petra De Sutter will das Land in Sachen Corona endlich auf Kurs kommen. «Wir stehen nah an einem Tsunami, sehr nah an einem Tsunami», warnte der neue Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke.

Seit Montag gelten neue Corona-Massnahmen. «Wir müssen die Kurve zusammen wieder runterkriegen!», twitterte Vizepremierminister De Sutter, die als Ministerin in der neuen Regierung für öffentliche Unternehmen und Beamte zuständig ist. Sie gilt als sehr emphatisch und erfahren. Als Abgeordnete leitete sie im Europaparlament den Ausschuss für den EU-Binnenmarkt und Verbraucherschutz.

Ihren Vater überzeugte De Sutter mit Büchern

In Interviews erzählt sie offen von ihrer schwierigen Kindheit: «Ich war kein sehr glückliches Kind. Ich war sehr sensibel, was andere Kinder vermutlich als Schwäche sahen, weil sie mich immer wieder gemobbt haben.» Zu der Zeit habe sie bereits gewusst, dass sie «anders» sei. «Aber ich habe nicht verstanden, warum.»

Einmal sei sie körperlich angegriffen worden. «Drei Kinder packten mich und drückten meinen Kopf auf den Boden. Sie haben mich gezwungen, Gras zu essen.» Obwohl ihr die Situation riesige Angst bereitete, hoffte sie, ihr würde das helfen, besser mit Mobbern klarzukommen. «Die Situation wurde dann allerdings nicht besser, weil ich auf eine Jungenschule ging.»

Später studierte sie Gynäkologie, forschte in den USA und wurde Professorin. Erst mit 40 entschied sie sich für eine Geschlechtsangleichung und vertraute sich ihrem Arbeitgeber und ihrer Familie an. Ihrem Vater, einem Richter, der sie immer als «echten Jungen» erziehen wollte, brachte sie Bücher zum Thema vorbei – und zog sich dann erstmal für eine Woche zurück. Nach der Lektüre teilte ihr Vater ihr mit, dass er sie nun verstehen könne. Die Geschlechtsangleichung ist in der Familie mittlerweile kein Thema mehr. (kin)

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