Eine junge Frau finden, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. Lange, dunkle Haare, volle Lippen und ein dunkler Teint. Diese sollte sterben – damit sie selbst ein neues Leben beginnen konnte.
So soll der Plan von Schahraban K.B.* (24) ausgesehen haben, die die Staatsanwaltschaft nun wegen Mordes und versuchter Anstiftung zum Mord angeklagt hat. «Sie wollte ihren Tod inszenieren und ein neues Leben anfangen», sagt Staatsanwältin Alexandra Engel, wie «Bild» berichtet.
Opfer mit Fake-Profilen angeschrieben
Denn K. wollte weg – weg von ihrer Familie, weg von den strengen Konventionen der jesidischen Glaubensgemeinschaft, weg von ihrem Leben in Ingolstadt (D). Ihre nach jesidischem Recht geschlossene Verlobung war misslungen, Versöhnungsversuche erfolglos. Die irakischstämmige Frau wollte einen Neuanfang.
Zu ihrer Freiheit sollte ihr die 23-jährige Algerierin Khadidja O.* aus Eppingen verhelfen. Auf Instagram war K. auf sie aufmerksam geworden – da sie ihr verblüffend ähnlich sah. Mit einem Fake-Account bot die heute 24-Jährige ihrer Auserwählten an, in einem Musikvideo der Rapperin Lune mitzuspielen. Doch O. war misstrauisch und fiel nicht auf den Schwindel herein, wie der «Spiegel» berichtete.
Doch beim nächsten Mal sollte K. mehr Erfolg haben. Unter einem anderen Namen versprach sie der ahnungslosen Algerierin eine kostenlose Laserbehandlung in einem Kosmetikstudio – unter der Bedingung, dass sie dafür in den sozialen Medien Werbung mache.
Mit 56 Messerstichen getötet
Diesem Angebot konnte O. nicht widerstehen und willigte ein. Gemeinsam mit dem heute 25-jährigen Kosovaren Sheqir K.* holte die 24-Jährige ihr Opfer ab, um es ins Studio zu bringen. Kurz nach 19 Uhr fuhren die drei am 16. August 2022 von Eppingen nach Ingolstadt. Wenig später hielten sie in einem Waldstück an, O. sollte aussteigen, um ein Schild zu lesen.
In diesem Moment schlug Sheqir K. von hinten mit einem Schlagring zu, wie es in der Anklageschrift heisst. Dann folgte die grausame Tat: Mit 56 Messerstichen in Gesicht, Hals und Brust wurde die 23-jährige Khadidja O. erstochen. Anschliessend legten die beiden Angeklagten den leblosen Körper auf den Rücksitz, fuhren nach Ingolstadt und liessen das Auto in der Nähe der Donau stehen.
Noch in derselben Nacht finden die Eltern der mutmasslichen Täterin das Auto ihrer Tochter – darin eine blutüberströmte Leiche. Sie glaubten, Schahraban K.B. sei tot. Doch nach der Obduktion steht fest: Es war nicht die Leiche ihrer Tochter. Sie und ihr angeblicher Komplize wurden daraufhin verhaftet.
Angeklagte schweigt
Am 16. Januar fand der erste Verhandlungstag in dem Prozess statt, wie der «Spiegel» berichtet. Die Angeklagte schweigt bislang zu allen Vorwürfen. Neben dem mutmasslichen Mord an ihrer Doppelgängerin wird ihr ein zweiter Auftragsmord vorgeworfen: K. soll jemandem 10'000 Euro für die Ermordung ihres Schwagers geboten haben. Dieser hatte sich zuvor gegen eine Auflösung der Ehe gewehrt. Der Beauftragte verschwand jedoch mit einem Vorschuss von 5000 Euro.
Auch der zweite Angeklagte, Sheqir K., muss sich zusätzlich wegen Anstiftung zum Mord verantworten. Er soll versucht haben, einen Mithäftling zu überreden, mehrere Zeugen zu töten. Dieser weigerte sich jedoch.
Das Landgericht Ingolstadt hat 28 Verhandlungstage angesetzt, 190 Zeugen werden vernommen. Mit einem Urteil wird frühstens im Mai gerechnet.
* Namen bekannt