Regierungen weltweit entrüstet über Gesetz in China
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Sicherheitsgesetz für Hongkong:Neues Gesetz in China sorgt weltweit für Empörung

Sicherheitsgesetz für Hongkong
Regierungen weltweit entrüstet über Gesetz in China

Peking plant derzeit ein Gesetz, das den Einsatz chinesischer Sicherheitsorgane in der Sonderverwaltungszone Hongkong ermöglichen soll. Tausende hatten am Wochenende in Hongkong trotz der Corona-Pandemie dagegen protestiert.
Publiziert: 27.05.2020 um 14:11 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2020 um 22:13 Uhr
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Am Donnerstag soll im seit einer Woche tagenden Volkskongress von China ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschiedet werden.
Foto: Keystone

Vor dem Hintergrund einer Parlamentssitzung über ein umstrittenes Gesetz gegen den Missbrauch der chinesischen Nationalhymne hat Hongkongs Polizei sich am Mittwoch auf neue Proteste vorbereitet. Mit einem Grossaufgebot sicherten Einsatzkräfte die Strassen rund um den Hongkonger Legislativrat ab, wo die zweite Lesung für das Gesetz geplant war.

15 Demonstranten, von denen drei Brandsätze bei sich getragen haben sollen, wurden von der Polizei festgenommen, wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtete. Vereinzelt störten Demonstranten auch den Berufsverkehr. Grosse Proteste, zu denen am Vorabend in sozialen Netzwerken aufgerufen wurde, blieben am Morgen aber zunächst aus.

Erste Proteste nach Coronakrise

Nach monatelanger Pause wegen der Corona-Pandemie waren die Demokratie-Proteste in Hongkong in der vergangenen Woche erstmals wieder im grösseren Umfang losgegangen. Auslöser waren Pekings Pläne für Sicherheitsgesetze, die sich gegen subversive und separatistische Aktivitäten in Hongkong richten.

Hongkongs Grundgesetz wird erweitert

Das überraschende Vorhaben der kommunistischen Führung hatte die Atmosphäre neu angeheizt. Der seit Freitag tagende Volkskongress soll zum Abschluss seiner Plenarsitzung am Donnerstag einen Beschluss verabschieden, der dem ständigen Ausschuss des Parlaments einen Auftrag zum Erlass eines Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit gibt, das Hongkongs Grundgesetz angehängt werden soll.

Haft bei Missbrauch der Nationalhymne

Bei dem Gesetz, das am Mittwoch vom Hongkonger Parlament in der zweiten Lesung besprochen werden sollte, geht es dagegen darum, einen Missbrauch der chinesischen Nationalhymne in China unter Strafe zu stellen. Der Gesetzentwurf, der bereits im vergangenen Jahr vorgelegt worden war, sieht vor, dass Beleidigungen oder der Einsatz der Hymne «Marsch der Freiwilligen» für kommerzielle Zwecke künftig mit bis zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 50 000 Hongkong-Dollar (etwa 5900 Euro) geahndet werden können.

Proteste gegen Regierung von Corona unterbrochen

Seit der Rückgabe an China 1997 wird Hongkong als eigenes Territorium nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» autonom regiert. Seit vergangenem Sommer erlebt die Metropole Woche für Woche Demonstrationen, die sich gegen die eigene Regierung, als brutal empfundene Einsätze der Polizei und den langen Arm Pekings richten. Erst die Pandemie hatte die Proteste zum Stillstand gebracht.

Trump verärgert über neues Gesetz

US-Präsident Donald Trump sieht die Zukunft des Finanzstandorts Hongkong durch Chinas Pläne für ein Sicherheitsgesetz in der Sonderverwaltungszone gefährdet. Die Sprecherin des Weissen Hauses, Kayleigh McEnany, sagte am Dienstag im Weissen Haus, der Präsident sei «verärgert» über Chinas Vorgehen. Es sei schwierig zu erkennen, wie Hongkong ein Finanzzentrum bleiben könne, wenn China die umstrittenen Pläne vorantreibe.

Hat Trump Pläne?

Trump wurde später von Journalisten im Weissen Haus nach etwaigen Massnahmen gegen China gefragt. «Wir machen derzeit etwas, ich denke, das werden Sie sehr interessant finden», sagte er. Er wolle darüber noch nicht sprechen, werde sich aber vor dem Ende der Woche dazu äussern.

Kritik aus Europa

Chinas Pläne für ein Sicherheitsgesetz in Hongkong stossen auch bei führenden Europa-Parlamentariern auf scharfe Kritik.

«Die internationale Gemeinschaft muss sich mit Nachdruck für die Freiheit von Hongkong einsetzen», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, der «Welt».

Die jüngsten Ereignisse müssten auch im Plenum des Europäischen Parlaments diskutiert werden, forderte der deutsche Christdemokrat. Er fügte hinzu: «Der völkerrechtlich vereinbarte Grundsatz ‹Ein Land, zwei Systeme› und damit der Status Hongkongs als autonome Stadt wird durch das geplante Sicherheitsgesetz erheblich gefährdet.»

Eingriff in Hongkongs Autonomie

Der Chef der China-Delegation im EU-Parlament, Reinhard Bütikofer, appellierte an die EU-Aussenminister, am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung deutlich zu machen, dass das Vorgehen Pekings einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie Hongkongs darstelle.

Der deutsche Grünen-Politiker forderte die EU auf, mehr Druck auf China auszuüben: «Es ist unangemessen für eine Wertegemeinschaft wie die Europäische Union, auf die geplante massive Einschränkung von Freiheitsrechten und auf die Hilferufe von jungen Demokratie-Aktivisten in Hongkong mit lautem Schweigen statt Klartext zu reagieren. Ich sehe hier besonders die Bundesregierung in der Verantwortung, die in einem Monat den Ratsvorsitz in der EU übernimmt.»

Rechte werden mit Füssen getreten

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte Chinas Pläne. «Das Gesetz verschärft die Kontrolle Pekings über Hongkong und wird es dem autoritären chinesischen Regime erleichtern, Rechte wie die Pressefreiheit in der Sonderverwaltungszone mit Füssen zu treten», sagte Geschäftsführer Christian Mihr. «Die chinesischen Behörden nutzen die nationale Sicherheit häufig als Vorwand, um die Inhaftierung von Medienschaffenden teils unter lebensbedrohlichen Bedingungen zu rechtfertigen.»

(SDA)

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