Blick: Herr Eberle, würden Sie das Kommando für die Sicherheit während der Beerdigung der Queen übernehmen?
Beat Eberle: Das wäre vermutlich keine gute Idee. Ich würde mich sicher sehr geehrt fühlen bei so einer Anfrage, aber der Sicherheitschef eines so grossen Anlasses braucht viel Erfahrung mit der Durchführung von Anlässen in London und speziell von Anlässen rund um die Königsfamilie. Diese Erfahrung habe ich nicht.
Sie waren während zwei Jahren Gesamteinsatzleiter für die Sicherheit am WEF. War das im Vergleich zur Beerdigung der Queen also eine Kindergartenübung?
Nein, natürlich nicht. Auch das ist ein Grossanlass der besonderen Klasse. Die Schweiz empfängt normalerweise zwei bis drei Staatsoberhäupter jährlich. Am WEF sind es innert nur drei Tagen über 50. Nur ist das unser Gebiet, und die Kantonspolizei Graubünden verfügt über langjährige Erfahrung rund um das WEF.
Der Flumser Beat Eberle (62) hat in der Schweiz und im Ausland in fast allen Bereichen der Sicherheit in Top-Positionen gearbeitet. Im Militär diente er als Brigadier. Als Berufsoffizier besetzte er bei der Uno wichtige Positionen, unter anderem war er im Kongo Stabschef der Polizeimission. Zudem war er Kommandant der Kantonspolizei Graubünden und damit Gesamteinsatzleiter Sicherheit am WEF, Chef der Schwyzer Kriminalpolizei, Kommandant der Militärpolizei und globaler Chef Sicherheit bei der Credit Suisse. Begonnen hat er seine Karriere als Untersuchungsrichter im St. Galler Bezirksamt Heerbrugg. Heute ist er Inhaber einer Unternehmensberatungsfirma in Bad Ragaz SG.
Der Flumser Beat Eberle (62) hat in der Schweiz und im Ausland in fast allen Bereichen der Sicherheit in Top-Positionen gearbeitet. Im Militär diente er als Brigadier. Als Berufsoffizier besetzte er bei der Uno wichtige Positionen, unter anderem war er im Kongo Stabschef der Polizeimission. Zudem war er Kommandant der Kantonspolizei Graubünden und damit Gesamteinsatzleiter Sicherheit am WEF, Chef der Schwyzer Kriminalpolizei, Kommandant der Militärpolizei und globaler Chef Sicherheit bei der Credit Suisse. Begonnen hat er seine Karriere als Untersuchungsrichter im St. Galler Bezirksamt Heerbrugg. Heute ist er Inhaber einer Unternehmensberatungsfirma in Bad Ragaz SG.
Vom Tod der Queen bis zur Beerdigung vergehen acht Tage. Kann man in so kurzer Zeit ein Sicherheitskonzept für so einen Anlass organisieren?
Das Konzept dafür war am Todestag schon längst ausgearbeitet. Die Engländer sind auf diesen Moment perfekt vorbereitet und arbeiten schon seit Jahren daran. Als die Queen gestorben ist, mussten die zuständigen Behörden nur die Schublade mit dem entsprechenden Codenamen öffnen. Was bleibt, ist das Feintuning. Wie wird das Wetter, welches sind die aktuellen Bedrohungen, was hat sich kurzfristig an der politischen Lage verändert? Das Personal ist bereits rekrutiert, das Material ist eingekauft, die Konzepte bereit.
Wo lauern die grössten Gefahren?
Eine neue, grosse Bedrohung sind Angriffe durch Drohnen. Die sind für wenig Geld überall erhältlich, sind klein, somit schwer zu entdecken, und können Sprengstoff transportieren. Doch die grösste Gefahr sehe ich in bewaffneten Einzelpersonen. In den Menschenmassen kann sich ein bewaffneter Terrorist gut verstecken. Man kann unmöglich alle Besucher überprüfen.
Wie handelt die Polizei präventiv gegen Attentate durch Einzelkämpfer?
Die totale Kontrolle ist unmöglich. Aber: Es gibt verschiedene Sektoren mit unterschiedlichen Sicherheitsstufen. In die Westminster Abbey kommt niemand ohne Badge rein. Solche «Target-Rich Environments» sind Hochsicherheitszonen. Dann gibt es ganze Quartiere, in die man nur durch eine Sicherheitsschleuse gelangt. Auch hierhin sollten es keine bewaffneten Attentäter schaffen. Schwierig zu schützen sind die Bereiche, wo sich alle Besucher aufhalten dürfen.
Wie gross ist die Bedrohung generell?
Diese Einschätzung kommt von den polizeilichen Nachrichtendiensten, vom Inlandsgeheimdienst MI5 und dem Auslandsnachrichtendienst MI6. Nach meiner Meinung brächte zwar ein Anschlag grösste Aufmerksamkeit, gleichzeitig aber sind auch die Sicherheitsvorkehrungen auf dem höchsten Niveau. Das hält Attentäter eher von einem Anschlag ab. Wer einfach auf grosse Menschenansammlungen abzielt, kann sein Ziel an weniger stark gesicherten Anlässen viel einfacher erreichen. An die Staatsoberhäupter kommen sie nur sehr schwer nahe genug ran.
Zurück zu den Drohnen: Wie kann man diese abwehren?
Es sind verschiedene Systeme im Einsatz. Man kann die Frequenzen stören, mit der die Drohne gesteuert wird – da besteht aber die Gefahr, dass sie in die Menge abstürzt. Eleganter sind Geräte, die Drohnen einfangen oder sogar deren Steuerung übernehmen können.
Grossbritannien ist indirekt mit Russland im Krieg. Wie gross ist dadurch die Bedrohung?
Diese wird sicher in das Sicherheitskonzept miteinbezogen. Es sind Raketenabwehrsysteme im Einsatz, und es wird Flugverbotszonen geben. Aber es gibt auch Angriffe auf einer anderen Ebene, die nicht so einfach einem konkreten Angreifer zugeordnet werden können. Ich bin überzeugt, dass die Alarmbereitschaft in allen erdenklichen Bereichen auf hoher Stufe angeordnet ist.
Können sich die Besucher also sicher fühlen?
So sicher, wie es eine so hohe Ansammlung von Menschen eben zulässt. Londoner haben viel Erfahrung mit solchen Anlässen. Es wird alles Menschenmögliche getan. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nie. Darum haben die Sicherheitsverantwortlichen auch bestimmt einige schlaflose Nächte, bis der Anlass erfolgreich zu Ende ist.