Frauen im gebärfähigen Alter sollen kein Alkohol trinken, fordert die World Health Organization (WHO) in einem ersten Entwurf des neuen globalen Alkohol-Aktions-Plans. Das sei sexistisch und unverhältnismässig, finden Experten, und auch im Netz gibt es Kritik.
Mit dem Aktionsplan möchte die WHO das Bewusstsein für die schädliche Wirkung von Alkohol schärfen. Konkret steht in dem Entwurf geschrieben: «Besondere Aufmerksamkeit sollte der Vermeidung (...) des Alkoholkonsums bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter gewidmet werden (...).» Das umfasst alle Frauen zwischen 14 und 50 Jahren – die ungefähre Zeitspanne der Gebärfähigkeit.
Dramatische Auswirkungen auf Säuglinge
Die WHO begründet die Forderung mit den dramatischen Auswirkungen auf Säuglinge und Kinder, die im Mutterleib Alkohol ausgesetzt werden. Mögliche Symptome seien schlechtes Wachstum, auffällige Gesichtsmerkmale sowie Lern- und Verhaltensprobleme.
Die Getränkeindustrie reagiert empört und interpretiert ihn sogar als mögliches Alkoholverbot, wie die «Daily Mail» berichtet. Der Vorschlag sei sexistisch und bevormundend.
Auch Experten kritisieren den Vorstoss. Colin Angus, ein leitender Alkohol-Forscher an der Sheffield University in England, bezeichnet die Forderungen gegenüber der «Daily Mail» als «vollkommen unverhältnismässig». Dass der Alkoholkonsum während einer Schwangerschaft für das ungeborene Kind schädlich ist, stehe ausser Frage und sei deswegen moralisch fragwürdig, betont er.
Trotzdem: «Der Vorschlag, dass wir einen beträchtlichen Teil der Frauen aktiv am Trinken hindern sollten, steht in völligem Widerspruch zwischen Risikoabwägung und der Einschränkungen der persönlichen Freiheit», findet der Wissenschaftler.
«Vollkommen unverhältnismässig»
Hannah Odd, ebenfalls Alkohol-Forscherin aus England, bemerkt im Gespräch mit der «Daily Mail», dass der Vorschlag die negativen Auswirkungen von Alkohol auf die männliche Fruchtbarkeit ignoriert. Deswegen seien die Forderungen «lächerlich und sexistisch». Grundsätzlich seien die Alkoholrisiken von Männern und Frauen nämlich ähnlich, erklärt Angus.
Verschiedene Studien weissen nach, dass Alkoholkonsum zu missgebildeten Spermien führen kann. Daraus können Geburtsfehler, wie Lippenspalten oder Herzerkrankungen entstehen, belegen verschiedene Studien aus China.
Auch im deutschsprachigen Raum kommt der Vorschlag nicht gut an, die Internet-Community zeigt sich empört. Die Autorin Sophie Passmann (27) schreibt auf Instagram: «Die WHO möchte, dass Frauen im gebärfähigen Alter ihren freien Willen abgeben, um ihrer Pflicht als Babymaschine nachzukommen.» (aua)