Der bosnische Kroaten-Militärchef Slobodan Praljak (†72) sass seit Jahren in einer holländischen Gefängniszelle. Zur Verhandlung am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag wurde er jeweils per Sicherheitstransport gebracht. Beim Betreten des Gerichtssaals musste er durch eine Sicherheitskontrolle. Trotzdem gelang es dem Angeklagten, eine Giftflasche hineinzuschmuggeln.
In dem Berufungsverfahren bestätigte das Gericht gestern Mittwoch ein früheres Urteil gegen Praljak: 20 Jahre Gefängnis wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkriegs (1992–1995).
Nach der Verkündung erhob sich der ehemalige Militärkommandant und rief: «Slobodan Praljak ist kein Kriegsverbrecher. Ich weise Ihr Urteil zurück.» Dann trank er aus einem kleinen Behälter eine Flüssigkeit. «Ich habe gerade Gift getrunken», sagte er vor laufenden Kameras und den Augen der geschockten Richter.
Metall wird kontrolliert, Flüssigkeiten gehen durch
Wie konnte Praljak in Haft in den Besitz dieses Gifts kommen? Hat es ihm jemand im Gerichtssaal übergeben? Der prominente serbische Anwalt Toma Fila, der mehrere Verdächtige vor dem Uno-Kriegsverbrechertribunal verteidigte, sagt der Nachrichtenagentur AP, es sei einfach, Gift in das Gerichtsgebäude zu bringen. Die Sicherheit für Anwälte und andere Gerichtsmitarbeiter sei «genau wie an einem Flughafen». Gegenstände aus Metall würden kontrolliert, Handys konfisziert. Tabletten und kleine Mengen von Flüssigkeiten würden dagegen nicht registriert.
Kriminalist Željko Cvrtila glaubt, dass Praljak selbst das Gift in den Gerichtssaal brachte. «Jemand hat es geschafft, das Gift zu Praljak ins Gefängnis zu schmuggeln und vermutlich haben es die gleichen Leute auch geschafft, die Sicherheitsmassnahmen für die Angeklagten entsprechend anzupassen», sagt Cvrtila der kroatischen Nachrichtenseite «novilist.hr».
Obduktion der Leiche
Praljak starb noch am gleichen Tag. Der vorsitzende Richter Carmel Agius erklärte den Gerichtssaal nach dem Vorfall kurzerhand zum Tatort. Der Rest der Verhandlung wurde in einen anderen Raum verlegt.
Die niederländischen Behörden haben eine Untersuchung eröffnet. Die Ermittler haben bereits Spuren eines Gifts entdeckt. Das sagt ein Sprecher der niederländischen Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur dpa in Den Haag: «Es handelt sich um einen chemischen Stoff, der für Menschen tödlich sein kann.» Um welchen Stoff es sich dabei handelt, sagt er nicht.
Die Ermittlungen konzentrieren sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf mögliche Helfer des Mannes. In Kürze werde auch Praljaks Leiche obduziert und toxologisch untersucht.
«Unverhältnismässig grosser Schaden für Zivilbevölkerung»
Praljak, der vor dem Bürgerkrieg als Film- und TV-Produzent tätig war, wurde unter anderem für die Zerstörung der alten Brücke von Mostar im November 1993 verantwortlich gemacht. Im ersten Prozess 2006 hatte ein Richter bereits erklärt, dass dadurch der muslimischen Zivilbevölkerung «unverhältnismässig grosser Schaden» entstanden sei.
Im Bosnien-Krieg standen sich überwiegend bosnische Muslime und bosnische Serben gegenüber. Allerdings gab es zeitweise auch heftige Kämpfe zwischen bosnischen Muslimen und bosnischen Kroaten. Mostar war der Schauplatz der schwersten Gefechte in diesem Konflikt.
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
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- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net
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