Seit über 40 Jahren vermisst
Vatikan will helfen, Rätsel um Emanuela Orlandi zu lösen

Plötzlich war die Tochter eines Vatikan-Angestellten weg. Wurde sie entführt, um den Papst zu erpressen? Der Fall ist bis heute ungelöst. Jetzt, fast 40 Jahre später, werden die Ermittlungen nochmals aufgenommen. Und: Der Vatikan liefert der Staatsanwaltschaft Hinweise.
Publiziert: 16.05.2023 um 14:28 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2023 um 14:55 Uhr
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Seit über 40 Jahren wird die Tochter eines Vatikan-Mitarbeiters vermisst.
Foto: Keystone

Es ist ein Cold Case, der die Ermittler verzweifeln liess. 1983 verschwand die Tochter eines Vatikan-Angestellten spurlos in Rom. Doch es gibt neue Hoffnung. Knapp 40 Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden von Emanuela Orlandi hat die Staatsanwaltschaft von Rom neue Ermittlungen aufgenommen. Medienberichten vom Montag zufolge wird sie dabei mit Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi zusammenarbeiten, der bereits im Januar auf Drängen der Familie von Emanuela Orlandi neue Ermittlungen angekündigt hatte. Der Fall gilt als eines der grössten Rätsel in der jüngeren italienischen Kriminalgeschichte.

Die damals 15-jährige Emanuela war am 22. Juni 1983 nicht vom Musikunterricht in Rom heimgekehrt. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Um ihr Verschwinden rankten sich immer neue Gerüchte, in denen teilweise auch der Vatikan eine Rolle spielt.

Laut einer weit verbreiteten Theorie wurde das Mädchen von einer Mafiabande entführt, um Druck auf den Vatikan auszuüben, damit dieser einen Kredit zurückzahlt. Demnach soll der Chef des römischen Magliana-Clans, Enrico De Pedis, in den Fall verwickelt gewesen sein. Einer anderen unbewiesenen Theorie zufolge wurde Emanuela entführt, um Mehmet Ali Agca freizupressen, der 1981 einen Mordanschlag auf Papst Johannes Paul II. verübt hatte.

Vertrauter vom Papst soll sie belästigt haben

Im vergangenen Jahr hatte sich die Netflix-Dokuserie «Vatican Girl» mit dem rätselhaften Fall befasst. Darin berichtete eine Freundin, Emanuela habe ihr eine Woche vor ihrem Verschwinden anvertraut, dass sie in den vatikanischen Gärten von einem Vertrauten des damaligen Papstes Johannes Paul II. belästigt worden sei.

Die Staatsanwaltschaft in Rom hatte in dem Fall bereits in den Jahren 1983 bis 1997 und 2008 bis 2015 ermittelt, ohne jedoch zu einem Ergebnis zu kommen. Dem Vatikan wurde vorgeworfen, die Ermittlungen über Jahrzehnte hinweg behindert zu haben.

Doch nun arbeiteten sein Chefankläger Diddi und die römischen Staatsanwälte unter der Leitung von Francesco Lo Voi «in dem Fall zusammen», berichtete die Tageszeitung «Repubblica». Laut dem «Corriere della Sera» hatte der Vatikan in den vergangenen Wochen im Rahmen seiner Ermittlungen auch Geistliche befragt. Die Hoffnung sei jetzt, dass er umfassend mit den römischen Ermittlern kooperiere.

Vatikanische Staatsanwälte arbeiten mit

Die Familie Orlandi erfuhr nach Angaben ihrer Anwältin Laura Sgro erst aus den Zeitungen von den neuen Ermittlungen. Sgro sprach von einer «guten Nachricht». Es sei das «erste Mal, dass italienische und vatikanische Staatsanwälte zusammenarbeiten, um nach der Wahrheit zu suchen».

Die neuen Ermittlungen stützen sich laut dem «Corriere della Sera» vor allem auf Angaben des früheren Staatsanwalts Giancarlo Capaldo, wonach zwei Vertreter des Vatikans ihm zugesagt hätten, den Verbleib von Orlandis Leiche zu verraten. Im Jahr 2019 hatte der Vatikan auf der Suche nach sterblichen Überresten der Vermissten zwei Beinkeller geöffnet. Nach Angaben der Ermittler wurden darin aber nur alte Knochen gefunden. (AFP)

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