Seit April als Kriminaltouristen unterwegs
Island zittert vor diesem Schweizer Gangster-Paar

Isländer hüten im Sommer Schafe und erzählen im Winter gerne Geschichten. Doch jetzt ist das Böse in ihre friedliche Welt eingedrungen: Zwei junge Schweizer ziehen von Dorf zu Dorf - und hinterlassen leere Regale, geprellte Wirte und blankes Entsetzen.
Publiziert: 17.06.2015 um 13:48 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 22:02 Uhr
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Die beiden Schweizer haben es vor allem auf Lebensmittel abgesehen.
Foto: Screenshot Facebook
Von Melchior Poppe

Was haben sich diese beiden nur gedacht, als sie ihre Reise nach Island begannen? Ein junges Paar aus der Schweiz flog im April auf die Insel im Atlantik - und sorgt dort seither mit einem beispiellosen Raubzug für Aufsehen. Sie hätten kein Geld für eine Fahrt in die Hauptstadt Reykjavik, sagten sie gleich nach der Landung zu einer Frau, die am Flughafen gerade ihre Mutter abholte. Sie fasste sich ein Herz, nahm die beiden mit - und sollte dies später bitter bereuen.

Während der Fahrt empfahl die Dame den beiden 23-Jährigen einen Campingplatz, auf dem sie günstig übernachten könnten und setzte sie dort ab. Doch als ihre Mutter später ihre Einkaufstasche mit Wein und teuren Lebensmitteln aus dem Kofferraum holen wollte, war diese weg. Der junge Mann musste sie mitgenommen haben, denn er hatte seinen Rucksack ebenfalls im Kofferraum verstaut.

Sie sind mit einem grünen Zelt unterwegs
Foto: Screenshot Facebook

Also fuhr die Frau zurück. Auf dem Campingplatz waren die beiden Französisch sprechenden Touristen nicht anzutreffen. In einem Geschäft gleich nebenan hatten sie aber eingekauft - und aus dem Verdacht wurde Gewissheit: Auf dem Boden lag der Kassenzettel, den die Mutter in der Tasche gelassen hatte.

Am Ende der Welt festgenommen

Die verzweifelte Frau wandte sich an die Medien, um ihre Landsleute vor den Schweizern zu warnen. Wenig später tauchte die Tasche plötzlich wieder auf. In einem Hostel hatte das Paar sie abgegeben, mitsamt einer Entschuldigung.

Mit einer Entschuldigung gab das Diebespaar die Tasche einer alten Frau zurück
Foto: Screenshot Facebook

Ende gut, alles gut, dachten sich die Menschen in der Hauptstadt. Sie wussten auch, dass das Diebespaar nicht lange bei ihnen bleiben wollte. Der freundlichen Frau mit dem Auto hatten sie erzählt, welche Orte sie sich anschauen würden.

Doch es dauerte nicht lange, da zeigte sich, dass es die beiden mit der Reue nicht ernst gemeint hatten: Am Montag nahm die Polizei die Schweizer fest, in Norðurfjörður, einer kleinen Gemeinde in Árneshreppur am nordwestlichen Ende der Insel. Nur Eisbären, die im Frühjahr mit Eisschollen aus ihrer arktischen Heimat einreisen, stören hier gelegentlich die Idylle. Vor gesetzlosen Vagabunden musste sich die Region zuletzt im Mittelalter fürchten. Damit ist es nun vorbei, denn das Pärchen aus der Schweiz stiehlt wie die Krähen.

Am nordwestlichen Ende Islands treiben die Schweizer ihr Unwesen
Foto: Screenshot visir.is

Selbsthilfegruppe im Internet

Inzwischen haben besorgte Anwohner jedoch eine Facebook-Gruppe gebildet, mit der sie sich selber vor den Rucksack-Touristen schützen wollen. Denn aus den Küchen der Region und dem Fischvorrat eines Campingplatzes verschwanden zuletzt immer wieder auf mysteriöse Weise Lebensmittel. Einer alten Frau wurde der Kuchen genommen, und auch in eine Kirche sollen die Schweizer eingebrochen sein, berichtet «visir.is».

Das Diebes-Paar bei einem Spaziergang am Meer
Foto: Screenshot Facebook

Dass die Polizei erst jetzt eingriff, ist erstaunlich. Vor zwei Wochen wurde in einen Supermarkt eingebrochen, zahlreiche Lebensmittel, Socken und Damenbinden verschwanden. Der Kreis der Verdächtigen war überschaubar, mit gerade einmal 74 Einwohnern ist die Region selbst für isländische Verhältnisse dünn besiedelt. Auch war bislang niemand als Dieb in Erscheinung getreten. Also dachte jeder an die jungen Ausländer.

Neben diesem Schwimmbad lebten sie in ihrem Zelt
Foto: Screenshot Wikipedia

Sie hatten es sich mit ihrem Zelt am Ende einer Strasse direkt am Meer neben einem Schwimmbad gemütlich gemacht, das von heissen Quellen gespeist wird. Als die Beamten eintrafen, gestanden die beiden die Tat. Sie wurden zum Supermarkt gebracht, wo sie sich entschuldigten und die entwendeten Waren im Wert von 350 Franken bezahlten.

Die Polizei hat das Pärchen gestellt
Foto: Screenshot visir.is

«Wir sind nur wenige hier»

Später berichtete die Vorsitzende des Gemeinderates jedoch gegenüber «visir.is», das Paar habe weit mehr gestohlen, als zunächst bemerkt wurde. «Sie nahmen alles, was sie nehmen konnten.» Nach einem Festmahl im örtlichen Hotel hätten sie zudem versucht zu verschwinden, ohne die Rechnung zu zahlen. Daraufhin schritten die Behörden erneut ein. Sie brachten die Schweizer zum Verhör auf die Polizeistation, wo diese alle Vorwürfe gestanden. Gestern wurden die beiden zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Die Anwohner sind trotzdem weiter auf der Hut, denn Bonny und Clyde wollen noch bis mindestens September bleiben. Jeder verschliesst nun sein Auto und die Eingangstüren von Haus und Stall. «Wir sind nur wenige hier, und wir sind solche Sendungen aus der grossen weiten Welt nicht gewöhnt», klagt die Mangerin des bestohlenen Geschäftes gegenüber «viris.is». Es bereitet ihr Unbehagen, dass niemand weiss, was die beiden eigentlich wollen, denn für die Menschen vor Ort interessieren sich die Schweizer angeblich nicht. «Sie waren nur auf irgendeinem Trip in ihrer eigenen Welt.»

Jagen sie jetzt Tiere?

Inzwischen wird jedoch spekuliert, ob auch der Diebstahl einer jungen Robbe auf das Konto des Pärchens geht: Das Tierchen verschwand auf mysteriöse Weise aus einem Museum im Nachbarbezirk.

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