«Schwere staatsgefährdende Gewalt»
Mann (32) plante islamistischen Anschlag in Castrop-Rauxel

In Castrop-Rauxel wurde in der Nacht auf Sonntag ein Mann verhaftet. Er soll einen islamistischen Anschlag geplant haben.
Publiziert: 08.01.2023 um 07:49 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2023 um 20:25 Uhr
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Dieser Mann wurde in Castrop-Rauxel (D) wegen eines geplanten Terroranschlags verhaftet.
Foto: Twitter / @BraunerBar

Anti-Terror-Ermittler haben im Ruhrgebiet einen iranischen Staatsangehörigen (32) festgenommen, der einen islamistischen Anschlag vorbereitet haben soll. Die Fahnder durchsuchten in der Nacht zum Sonntag die Wohnung des Mannes im westdeutschen Castrop-Rauxel. Der Mann sei verdächtig, sich für die Tat die Giftstoffe Cyanid und Rizin besorgt zu haben, teilten die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, die Polizei Recklinghausen und die Polizei Münster am frühen Sonntagmorgen mit.

Bei dem Einsatz wurde ausserdem der Bruder (25) des Verdächtigten festgenommen, der sich bei dem Zugriff der Polizei auch in der Wohnung aufhielt. Die Durchsuchungsmassnahme hatte sich laut dem Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft eigentlich nur gegen den 32-Jährigen gerichtet. Wie die dpa aus Sicherheitskreisen erfuhr, war der Bruder der Polizei zwar zuvor bekannt, allerdings aus Gründen, die nicht mit islamistischem Terror zusammenhängen. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat bereits Haftbefehle gegen die beiden Brüder beantragt.

Mögliches Anschlagsziel noch Gegenstand der Ermittlungen

Die Männer sollen sich beide seit 2015 in Deutschland aufhalten. Bei der Festnahme wurden sie nur notdürftig bekleidet über die Strasse in ein Einsatzfahrzeug geführt, wie Augenzeugen berichteten. Keiner der beiden habe Widerstand geleistet. Weitere Verdächtige gibt es laut den Ermittlern nach derzeitigen Erkenntnissen nicht.

Ob der Verdächtige tatsächlich an Gift gekommen war und dieses etwa anderswo lagerte, beantworteten die Ermittler zunächst nicht. Auch wie konkret die möglichen Anschlagspläne fortgeschritten waren und was ein mögliches Ziel gewesen wäre, blieb zunächst unklar. Das sei noch Gegenstand der Ermittlungen, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Der 32-jährige Iraner wird der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verdächtigt.

So gefährlich ist Rizin

Wie gefährlich Rizin ist, haben Ermittlungen vor vier Jahren in Köln gezeigt: In einem 15-stöckigen Gebäude in der Hochhaussiedlung Chorweiler hatten ein Tunesier und seine deutsche Frau die Chemikalie hergestellt und Testexplosionen ausgelöst. Ein ausländischer Geheimdienst schöpfte wegen der Online-Käufe grosser Mengen Rizinus-Samen Verdacht und gab einen Tipp.

Beide wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Ein Gutachten ergab: Rein rechnerisch hätten durch die Giftmenge 13'500 Menschen sterben können. Bei der geplanten Verbreitung durch eine mit Stahlkugeln gespickten Streubombe wären es etwa 200 Tote gewesen. (SDA)

Wie gefährlich Rizin ist, haben Ermittlungen vor vier Jahren in Köln gezeigt: In einem 15-stöckigen Gebäude in der Hochhaussiedlung Chorweiler hatten ein Tunesier und seine deutsche Frau die Chemikalie hergestellt und Testexplosionen ausgelöst. Ein ausländischer Geheimdienst schöpfte wegen der Online-Käufe grosser Mengen Rizinus-Samen Verdacht und gab einen Tipp.

Beide wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Ein Gutachten ergab: Rein rechnerisch hätten durch die Giftmenge 13'500 Menschen sterben können. Bei der geplanten Verbreitung durch eine mit Stahlkugeln gespickten Streubombe wären es etwa 200 Tote gewesen. (SDA)

Wegen der biologisch-chemischen Gefahren für die Einsatzkräfte waren laut einem Bericht der «Bild» auch Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts (RKI) als Berater vor Ort. Auch mehrere Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) und ein Entschärfer-Kommando seien im Einsatz gewesen. Das BKA wollte sich nicht zu dem Einsatz äussern und verwies auf die Generalstaatsanwaltschaft. Das hochgiftige Rizin wird laut dem RKI in der Kriegswaffenliste unter «Biologische Waffen» aufgeführt. Cyanid ist ebenfalls hochgiftig, bereits kleinste Mengen wirken bei Menschen tödlich.

Täter hat «schwere staatsgefährdende Gewalttat» vorbereitet

«Der Beschuldigte ist verdächtig, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben», teilten die Ermittler mit. Die Durchsuchung diene daher der Auffindung entsprechender Giftstoffe und anderer Beweismittel.

«Beweismittel wurden sichergestellt und werden ausgewertet», schrieben die Ermittlungsbehörden. Ob der Mann einem Haftrichter vorgeführt werde, sei noch nicht entschieden. Das Verfahren wird bei der Zentralstelle Terrorismusverfolgung Nordrhein-Westfalen bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf geführt. Nach Informationen der «Bild» ermittelt das Bundeskriminalamt seit mehreren Tagen gegen den Iraner. Es habe einen Hinweis von einer US-amerikanischen Sicherheitsbehörde über die Anschlagsgefahr mit einer chemischen Bombe gegeben, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

Laut einem Bericht des «Spiegels», hatte das FBI die Telegram-Chatgruppe infiltriert, in der sich der mutmaßliche Täter zunächst nach Bombenbauplänen und später nach Giftstoffen erkundigt haben soll. Es gab demnach zunächst Hinweise darauf, dass er wohl an Silvester zuschlagen wollte. Allerdings habe ihm womöglich noch eine Zutat zur Herstellung des Gifts gefehlt, die erst nach dem Jahreswechsel geliefert worden sein könnte, heißt es in Behördenkreisen.

Sicherheitskreisen zufolge wird vermutet, dass der 32-Jährige Anhänger einer sunnitischen islamistischen Terrorgruppe ist. Er soll demnach nicht im Auftrag staatlicher iranischer Behörden gehandelt haben. Letzteres bestätigte auch der Sprecher der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft. Er sagte weiter, es gebe Hinweise auf ein islamistisch geprägtes Weltbild, aus denen eine Anschlagsplanung resultiere.

Ermittlungen vor Ort abgeschlossen

Die Fahnder schlugen gegen Mitternacht zu. Der Einsatzort wurde weiträumig abgesperrt. Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte waren mit einem Grossaufgebot vor Ort. Zahlreiche Einsatzkräfte trugen Schutzanzüge. Beweismittel wurden in blauen Fässern zu einer Dekontaminationsstelle gebracht, die bei der Feuerwehr eingerichtet war, wie ein dpa-Reporter berichtete.

Schon am frühen Sonntagmorgen hat die Polizei ihre Arbeit in der durchsuchten Wohnung vorerst beendet. Nur wenige Stunden nach dem Zugriff war an dem Haus in einer kleinen Einkaufstrasse nichts mehr von dem Einsatz der Spezialkräfte zu sehen. Ein Fenster in der durchsuchten Wohnung im ersten Stock war etwas geöffnet, nirgendwo brannte Licht. Streifenwagen fuhren gelegentlich an dem Gebäude vorbei. Nachtschwärmer, die an dem Gebäude vorbeikamen, reagierten ungläubig, als sie von dem grossen Einsatz gegen Mitternacht erfuhren.
Auch an der wenige Kilometer entfernten Dekontaminationsstelle der Feuerwehr war am frühen Morgen Ruhe eingekehrt. Dort hatten Einsatzkräfte in Schutzanzügen Beweismittel, die vor Ort in blauen Fässern versiegelt worden waren, behandelt. (SDA/chs)

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