30’000 Schweine. So viele werden jedes Jahr in der grössten französischen Schweinefabrik La Certine fürs Schlachten gemästet. Über den Betrieb im Nordosten des Landes, der einer Supermarktkette gehört, ist ansonsten wenig bekannt. Es scheint, als möchten die Besitzer verhindern, dass die Öffentlichkeit erfährt, was hinter den roten Türen der Farm passiert.
Die Tierschutzaktivisten von «Direct Action Everywhere» wollten dies ändern. Mit Dutzenden Leuten verschaffen sie sich unbewilligt Zutritt zum Betrieb, filmen und fotografieren ihren Einsatz. Mit dabei: Anya K.* (24) aus dem Kanton Solothurn. «Wir wurden mit Vans abgeholt. Wo die Farm ist, erfuhren wir aus Sicherheitsgründen nicht.» Die Fahrzeuge halten dann im Dorf Courdemanges, gut 350 Kilometer nordwestlich von Basel gelegen.
«Ich war eine Stunde lang hilflos»
Die Aktivisten betreten die Hallen, wo die Schweine dicht nebeneinander aufgereiht sind. Rund 45 Personen dokumentieren das Gesehene. K. lässt sich mit einem Veloschloss an eine der Stangen ketten, die auch den Tieren den Weg in die Freiheit versperrt. «Ich wollte symbolisieren, dass sich die Tiere ihr ganzes Leben nicht bewegen können. Ich war eine Stunde lang hilfos, die Schweine ihr ganzes Leben», sagt die Aktivistin.
Plötzlich steht ein Mann über ihr. Die Aktivisten sind vom Bauer entdeckt worden – und der ist mächtig sau-er! «Der Bauer holte mit der Brechstange zum Schlag aus», erzählt die Schweizerin. Auch die anderen Angestellten setzen sich rabiat zur Wehr. In einem Video ist zu sehen, wie die Demonstrierenden geschlagen, an den Haaren gezogen, gewürgt und sogar mit Eisenstangen attackiert werden. Ein Kollege von K. wird laut ihrer Aussage am Kopf getroffen und muss sich übergeben.
Die 24-Jährige hat mehr Glück. Eine Kollegin wirft sich dazwischen, bevor der Bauer zuschlagen kann. Stattdessen lassen die Farmangestellten die grossen Eber frei, stacheln sie an, auf die Aktivisten loszugehen. Die Tiere bleiben friedlich. «Dann hat der Bauer plötzlich gesagt: ‹Entweder ihr haut jetzt ab, oder wir erschiessen euch›», zitiert ihn die Solothurnerin. «Da sind wir gerannt».
Draussen wartet die Polizei. Sie greift nicht ein. Weder um die Aktivisten für das unbewilligte Eindringen zu verhaften, noch um den Bauern und seine Angestellten zur Rechenschaft zu ziehen. Fazit der Aktivistin: «Wenn die Leute hier schon so aggressiv sind, wenn wir mit Kameras hier sind, will ich nicht wissen, was passiert, wenn niemand filmt.»
*Name geändert