Schweizer Wirt hilft Obdachlosen in Sex-Stadt
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300 Gratis-Essen pro Tag:Schweizer Wirt hilft Obdachlosen in Sex-Stadt

Schweizer Wirt Peter Weber verteilt Essen an Bedürftige
Der Wohltäter von Pattaya

Die thailändische Stadt Pattaya ist stark vom Tourismus abhängig. Weil dieser seit Monaten ausbleibt, geraten immer mehr Menschen in die Arbeits- und Obdachlosigkeit. Der Schweizer Wirt Peter Weber spendiert den Bedürftigen fast 1000 Gratis-Essen pro Woche.
Publiziert: 10.06.2021 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2021 um 01:28 Uhr
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Die Menschen in Pattaya stehen Schlange.
Foto: Zvg
Fabian Vogt

Pattaya ist eine dieser Städte, die niemals schläft. Sextouristen, Saufkumpanen und andere Personen verwandeln den thailändischen Küstenort besonders nachts seit Jahrzehnten in eine Oase der Lust. Bis Corona kam. Seit März 2020 geht auch in Pattaya fast gar nichts mehr, die Touristen bleiben weg, die Kneipen und Bordelle zu.

Die Folgen des Lockdowns in Thailand sind verheerend. Viele haben ihre Jobs verloren, ein Auffangnetz gibt es nur für wenige.

300 Mahlzeiten pro Tag, dreimal die Woche

Wo sonst laute Musik aus den Fenstern dröhnt, hängen deshalb «Zu Verkaufen»-Schilder an den Wänden. In Bars, wo sonst Nächte durchgefeiert werden, schlafen Menschen auf den Tischen, weil sie alles verloren haben. Die Glücklicheren finden in Tempeln Unterschlupf, die anderen teilen sich Brückenpfeiler.

Peter Weber (59) musste dieses Elend täglich mitansehen. Bis er eines Tages genug davon hatte und beschloss, zu helfen. Dreimal die Woche spendiert er seither jeweils 300 Menüs an Bedürftige, am Freitag wird er die 4500. Gratis-Mahlzeit an die Menschen verteilt haben.

Die Kundschaft hat gewechselt, die Freude bleibt

«Niemand schaut zu diesen Menschen», sagt Weber. «Das ist nicht wie bei uns in der Schweiz, wo der Staat eingreift, hier bleibt man einfach sich selber überlassen».

Weber führt seit acht Jahren ein Restaurant in Pattaya, empfängt im «Bistro Wine & Cheese» normalerweise die besser betuchte Kundschaft des Küstenorts. Derzeit kocht er vor allem für diejenigen, die am unteren Ende der Nahrungskette stehen.

Gelbes Curry mit Poulet und Bambussprossen

Mit seinen 14 Angestellten fährt er dreimal pro Woche an die Ecken, in die sich die Arbeits- und Obdachlosen zurückgezogen haben, die weissen Karton-Boxen mit Essen sorgsam im Kofferraum verpackt. Dafür werden jeweils rund 40 Kilogramm Fleisch, 40 Kilogramm Reis und unzählige Gewürze verkocht. «Alles frisch», sagt Weber. «Die Menschen auf der Strasse sollen so gut essen, wie die Gäste bei mir im Restaurant.»

Am Mittwoch gab es gelbes Curry mit Bambussprossen und Poulet. «Man war hier stets gut zu mir. Jetzt kann ich etwas zurückgeben», sagt Weber, der durch die Zusatzarbeit zudem seinen Angestellten den Arbeitsplatz sichern kann. «Win-Win», sagt der 59-Jährige, der auch Immobilien auf Pattaya besitzt.

Ewig reicht das Geld nicht

Schadlos ist auch an ihm das Coronajahr nicht vorübergegangen, der Gewinn des Vorjahrs ist bereits aufgebraucht. Für seine Aktion findet er immer wieder Spender, «den Rest bezahle ich aus dem eigenen Sack.» Als Lohn diene ihm die Dankbarkeit der Menschen, «das Strahlen in ihren Augen, wenn sie aus dem Halbschlaf aufwachen und wir vor ihnen mit unserem Essen stehen. Das ist so emotional!»

Wie lange er seine Aktion noch durchführen kann und muss, weiss Weber nicht. Er möchte «kämpfen, bis es nicht mehr geht». Und für die Zeit nach Corona hat er eine Vision von Pattaya, die wenig mit derjenigen zu tun hat, die man im Westen kennt. Eine saubere, mit Golfspielern statt Zuhältern, mit gutem Rotwein statt Wodka Red Bull. Doch das Nachtleben wird auch dann nicht aus Pattaya verschwinden, das ist auch Weber klar. In dieser Stadt wird auch in Zukunft kaum jemand schlafen wollen.

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