Was die Passagiere von Flug D3159 der Daallo Air gestern erlebten, ist der Alptraum eines jeden. Kurz nach dem Start gibt es einen Knall. Eine Bombe reisst ein Loch in den Rumpf – vermutlich durch einen Selbstmordattentäter (BLICK berichtete).
In Filmen bricht in diesem Fall an Bord Panik aus. Die Passagiere schreien, werden durch die Luft geschleudert und aus dem Loch gesogen.
Im Video, das auf Flug D3159 aufgenommen wurde, siehts aber ganz anders aus. Die Leute sind ruhig. Wenn man es nicht wüsste, würde man nicht denken, dass das Flugzeug mit einem Loch im Rumpf fliegt.
«Es gibt zwar einen Unterdruck, aber die Szenen in Hollywood-Filmen entsprechen nicht der Realität», sagt Tobias Mattle, Sprecher des Pilotenverbands Aeropers und Airbus-Pilot zu BLICK.
Das Problem sei weniger der Unterdruck, sondern der fehlende Sauerstoff. «Auf 10'000 Metern hat man 15 bis 20 Sekunden Zeit, die Sauerstoffmaske anzuziehen», sagt Mattle. Je tiefer man fliegt, desto länger hat man Zeit.
Pilot Mattle hat zwar noch nie einen solchen Vorfall erlebt, aber schon mehrmals im Simulator geübt. «Wir sind dafür ausgebildet, dass wir mit einer solchen Situation rational umgehen können.»
Bei einer solchen «Rapid Decompression» schützt sich der Pilot erst selber und zieht die Sauerstoffmasken an. Dann geht er sofort in den Sinkflug. Ab rund 3000 Metern ist der Sauerstoffdruck gross genug, dass die Atmung ohne Maske möglich ist.
Um ein Flugzeug zum Absturz zu bringen, reicht ein Loch wie auf dem Daallo-Flug (2 auf 1 Meter) nicht. Solange der Rumpf nicht auseinanderbricht, ein Flügel beschädigt oder wichtige Elemente zerstört werden, kann es weiterfliegen. «Flugzeuge sind extrem stabil gebaut und noch lange fliegbar», sagt Mattle.
Das extremste Beispiel dafür ist Flug 243 von Aloha-Airlines. Bei der Boeing 737-200 löste sich am 28. April 1988 mitten im Flug ein grosser Teil des Dachs. Trotzdem gelang es dem Piloten die Maschine sicher zu landen. Nur eine Person kam ums Leben.