Schweizer Pavillon an der Expo Mailand
Ein grauer Klotz – dafür ist er fertig

Der Schweizer Pavillon droht im Expo-Chaos zu versinken. Das Einzige, was an ihm extrem scheint, ist seine Unauffälligkeit.
Publiziert: 20.04.2015 um 22:05 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:11 Uhr
1/5
Starke Konkurrenz: Unter den Gastnationen findet ein Wettrüsten um den spektakulärsten Auftritt statt. Hier der Pavillon von Ungarn.
Foto: Remy Steinegger
Von Christoph Lenz (Text) und Rémy Steinegger (Fotos)

Lagerhallen, Industrieruinen, ein Gefängnis. Schon die Umgebung der Expo 2015 ist ungastlich. Richtig trostlos wird es aber auf dem Gelände der Weltausstellung nordwestlich von Mailand: Abfallberge, Baucontainer, Bagger, Lärm, Dreck – die Expo ist eine Grossbaustelle. Zehn Tage vor der Eröffnung!

Es wird kein Happy End geben, keine Last-Minute-Fertigstellung. Die Arbeiten nehmen noch Wochen in Anspruch. Italien hat sich schon mit dem PR-Desaster abgefunden. Eine böse Sache für das Bel Paese.

Da tröstet es kaum, dass man im Schweizer Pavillon bereits den Feinschliff vornimmt und pünktlich bereit sein wird. Bei der Expo schrumpft die Welt zum Dorf. Das ist schön, hat aber auch Nachteile: Wird in Ecuador noch gehämmert, stört das den Besucher in der Schweiz.

Besonders ungünstig für die Schweiz: Die italienischen Pavillons sind ganz nah. Anfangs empfand man das als Vorteil. Beste Lage! Jetzt hofft man, dass die Italiener endlich vorwärtsmachen.

Versinkt der Schweizer Pavillon im Expo-Chaos? Nicolas Bideau, Chef von Präsenz Schweiz und damit Mister Expo, ist zweckoptimistisch: «Es ist keine Katastrophe. Es wird von Beginn an sympathisch sein.»

Sympathisch also. Wie ein fleckiges Übergwändli.

Ob der Schweizer Auftritt wirklich ankommt, ist auch aus einem zweiten Grund ungewiss. Die meisten Gastnationen klotzen architektonisch. Von der designstarken Blockhütte bis zum hyperfuturistischen Glaspalast – die Expo ist eine Materialschlacht, ein kreatives Wettrüsten. Hier fällt der Schweizer Pavillon ab! Ein grauer Klotz mit Plattenbau-Ästhetik, platziert weit hinten in einem Birkenwald. Das Einzige, was an diesem Pavillon extrem ist, ist seine Unauffälligkeit.

Das hat auch Präsenz Schweiz erkannt. Man werde den Bau optisch noch etwas aufmotzen,  sagt Bideau.

«Zudem sind bei uns die Inhalte enorm stark. Typisch Schweiz halt: aussen bescheiden, innen gehaltvoll.»

Tatsächlich ist der Beitrag der Schweiz zum Expo-Überthema Welternährung reizvoll: ein soziales Experiment, in Echtzeit und zum Mitmachen. Der Besucher findet vier mit Nahrungsmitteln – Kaffee, Salz, Apfelringe und Wasser – gefüllte Türme vor. Er darf sich frei bedienen. Doch die Türme werden nicht wieder aufgefüllt. Was weg ist, ist weg! Wer erst im Herbst kommt, findet womöglich nur noch leere Regale vor. Das soll die Besucher anregen, über ihren Konsum nachzudenken, ja rücksichtsvoller und bewusster zu konsumieren.

Doch was, wenn von Beginn weg masslos gehamstert wird? Der Turm sich viel zu schnell leert? Dann wird es halt so sein, heisst es bei der Expo-Crew. Erst kommt das Experiment, dann die Unterhaltung.

Auch die vier Gastkantone – Graubünden, Uri, Wallis und Tessin – steuern ein eindrückliches Projekt bei. Die Gotthard-Region als 3D-Nachbau im Massstab 1:25 000. Besucher können das Granit-Relief mit thematischen Wasserläufen bespielen. Klar, wer über Ernährung spricht, muss auch Wasser thematisieren. Wer könnte das besser als die Schweiz, das Wasserschloss Europas?

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?