Der Brandherd liegt nicht weit von hier, in den Hügeln hinter Montenegros Küste. Beissender Rauchgeruch verschlägt den Helfern vom Soforteinsatzteam (SET) der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) fast den Atem, als sie am Mittwochnachmittag aus einem Flieger der Schweizer Luftwaffe steigen.
«Das sieht gar nicht gut aus», sagt Teamleiterin Martina Durrer (39) zu ihren beiden Kollegen. Sie führt das dreiköpfige SET der Humanitären Hilfe an und koordiniert die Schweizer Hilfe gegen die Waldbrände mit den montenegrinischen Behörden.
Dörfer mussten evakuiert werden
Über ihren Köpfen kreist bereits das effektivste Mittel gegen die Flammen: ein Super Puma. Er füllt seinen Löschwasser-Aussenbehälter in der Bucht von Kotor und leert ihn nach kurzem Flug über den Flammen. Der Heli der Schweizer Armee war zur Brandbekämpfung kurzfristig von Pristina nach Tivat verlegt worden. In mehreren Ländern Südeuropas, unter anderem auch in Italien, toben derzeit riesige Waldbrände. Begünstigt durch die wochenlange Hitzewelle mit Temperaturen von über 40 Grad und kräftigen Winden, frassen sich die Flammen von den Hügeln entlang der Adria bis an die Küstenorte hinab. Nun bedrohten sie mehrere Siedlungen, darunter die zweitgrösste kroatische Stadt Split.
Montenegro kämpft seit Tagen gegen Dutzende Feuer, die an mehreren Orten zugleich ausgebrochen sind. Am Dienstag hatte die Regierung die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. Örtliche Feuerwehren, die pro Gemeinde rund 30 Leute zählen und landesweit nur über drei Löschflugzeuge verfügen, wurden der Flammen nicht mehr Herr. In der Touristengegend Kotor mussten Dörfer evakuiert werden.
Die 28 Männer der Feuerwehr von Tivat sind seit einer Woche ununterbrochen im Einsatz. Geschlafen haben sie jeweils nur ein paar Stunden. Kommandant Zoran Barbic (48): «Ist ein Feuer einmal unter Kontrolle, bricht an einer anderen Stelle ein weiteres aus», sagt er völlig ausgelaugt. «Indianer» nennen seine Männer diese Brände, die wie aus dem Nichts auftauchen. Es hat seit Mai nicht mehr geregnet, Buschwerk und Wälder brennen wie Zunder.
Kaum jemand hat feuerfeste Uniformen
Barbic schildert dem Logistikspezialisten Urs Rupper (45) vom Schweizer Soforteinsatzteam, wie seine Leute gegen die Flammen anzukämpfen versuchen: Kaum jemand trägt Helm oder feuerfeste Uniform. Feuerfeste Stiefel haben die wenigsten. Am Strassenrand liegen einfache Schuhe mit geschmolzenen Gummisohlen. Mitten im Gespräch müssen Barbics Leute aufbrechen: Plötzlich brennt es an der wichtigsten Verbindungsstrasse von Lustica. «Alle Mann aufsitzen», ruft Barbic und fährt los.
Ein paar Kilometer weiter unterstützt der Schweizer Super Puma die Feuerwehr von Herceg Novi und viele Freiwillige, unter ihne
In dieser Nacht riskierten er und seine wenigen Kollegen beim Löschen ihr Leben. Die Gefahr geht nicht nur vom Feuer aus, sondern auch von Blindgängern aus den Weltkriegen, die noch immer zu Hunderten auf der damals schwer umkämpften Halbinsel liegen.
In seinem abendlichen Rapport an Bern fordert das SET dringend passende Ausrüstung für die rund 150 Feuerwehrmänner rund um die Bucht von Kotor an. Der Aufruf richtet sich an alle Feuerwehren in der Schweiz, die ihre Kollegen in Montenegro mit Schuhen, Helmen und Anzügen unterstützen möchten. Sie können sich bei der Humanitären Hilfe der Deza melden.
Wenig Hoffnung für die Brandbekämpfer
Donnerstagmittag: Die fünfköpfige Kfor-Helicrew ist seit sieben Uhr im Einsatz, als sie am Mittag von einem anderen Super Puma abgelöst wird. Kommandant Marco Lauber (31) erklärt den Piloten aus der Schweiz, wo in den vergangenen Stunden die Schwerpunkte ihrer Löscharbeiten lagen und auf was sie achten müssen. Er deutet auf eine Karte der Bucht: «Hier, quer über die Halbinsel, verläuft eine Stromleitung – darauf haben wir auch unsere Löscharbeiten konzentriert», brieft er den Captain der zweiten Heli-Crew, Zoltan Horvath (48). Flughafenfeuerwehr-Kommandant Igor Petkovic (31) bedankt sich vor ihrem Abflug bei der Schweizer Crew aus dem Kosovo: «Ihr habt 30 meiner Leute, die vom Feuer eingeschlossen waren, gerettet!»
Die Meteorologen geben den Brandbekämpfern wenig Hoffnung: Für die nächsten Tage sind 40 Grad Hitze und Winde vorausgesagt. Teamleiterin Martina Durrer: «Bis es regnet, bleibt die Situation unvorhersehbar und könnte sich wieder verschlimmern.» Bis Dienstag bleiben die Schweizer deshalb auf jeden Fall in Montenegro. Dann entscheiden sie, ob ihre Mission verlängert wird.