Neuer Wirbel um die Credit Suisse (CS). Die «Bild», grösste Tageszeitung Europas, spricht von einer «heissen Spur in die Schweiz». In einem argentinischen Lagerhaus entdeckte Papiere sollen zu geheimen Nazi-Milliarden führen. Seit 78 Jahren liege ein Milliarden-Schatz auf einem geheimen Konto der CS.
Nazi-Nachkommen, internationale Spitzenanwälte und das jüdische Simon-Wiesenthal-Center jagen dabei gemeinsam nach dem angeblichen, seit dem Zweiten Weltkrieg verschollenen Nazi-Schatz.
Zufällig entdeckte Liste
Die Jagd begann mit einer Liste, die ein gewisser Pedro Filipuzzi 1984 bei Aufräumarbeiten in einem Lagerraum der Banca National de Desarollo in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires fand. «500 vergilbte Seiten, darauf: 12’000 deutsche Namen, alphabetisch geordnet, Geburtsdaten und ominöse Nummern», schreibt die «Bild».
Zudem Einträge deutscher Firmen, die in den 30er- und 40er-Jahren Vertretungen in Argentinien hatten: Rheinmetall, Leipziger Messeamt, Thyssen und viele kleinere Firmen. Dahinter Vermerke mit der Höhe von Geldeinzahlungen.
Diese Liste soll der Schlüssel zum Milliardenvermögen sein. Deutsche Hitler-Anhänger hatten die NSDAP lange von Argentinien aus unterstützt. Sie zahlten die Beträge auf ein Konto der Banco Transatlantico Aleman ein, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bank.
Codename «Deutsche Winterhilfe»
«Offiziell wurde das Geld für die ‹Deutsche Winterhilfe› verwendet», so die «Bild». Bank-Präsident Ludwig Freude, ein deutsch-argentinischer Unternehmer und glühender Nationalsozialist, soll das Geheimvermögen persönlich verwaltet haben.
Nicht alles Geld ging an die Hitler-Partei: Die Liste soll belegen, dass ein Grossteil des Geldes auf ein Konto bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) floss, aus der 1997 die CS hervorging.
Finder Filipuzzi bemerkte erst nach Jahren, wie brisant die gefundene Liste ist. Er ermittelte auf eigene Faust, wandte sich an die Nachfahren von Bankchef Freude und die CS. «Doch die Credit Suisse mauerte», schreibt die «Bild». 2019 übergab Filipuzzi die Dokumente dem jüdischen Simon-Wiesenthal-Center. «Wir glauben, dass sich auf dem Konto Geld befindet, das den Opfern des Nationalsozialismus gestohlen worden ist», so ein Sprecher.
Credit Suisse: «Bisher haben wir kein Konto gefunden»
Bislang wurde den Wiesenthal-Anwälten kein Einblick in Bankgeschäfte gewährt. Um gewünschte Auskünfte zu erhalten, teilte die Bank schriftlich mit, solle man sich «an internationale Gerichte wenden».
Inzwischen sind Anwälte aus Buenos Aires, Washington, Berlin und Zürich eingeschaltet. Ein mit den Akten vertrauter Anwalt spricht von einer äusserst schwierigen Spurensuche: «Wenn das Konto unter dem Namen einer Firma angelegt wurde und nicht unter dem Namen Ludwig Freude, dann ist es fast unmöglich, das Konto zu identifizieren.»
Die CS ermittle bereits selbst. Bis zu 40 Mitarbeiter – Historiker, Anwälte, Finanzexperten – sollen nach einem womöglich getarnten Geheimkonto im eigenen Haus suchen. Gegenüber Blick schreibt die Bank: «Die Credit Suisse prüft sorgfältig, ob Vorgängerbanken der Credit Suisse in den 1930er und 1940er Jahren Kundenbeziehungen zu Personen auf der vom SWC genannten Liste unterhalten hatten.» Die Liste umfasse rund 10'000 Mitglieder einer deutschen Arbeiterorganisation in Argentinien aus dem 1940. Bei Bedarf ergreife die CS die erforderlichen Massnahmen.