Seit die Jamaika-Koalition vor wenigen Tagen scheiterte, herrscht Hochspannung in Deutschland. Niemand weiss, wie die politische Zukunft des Landes ausschaut und das ist ein Zustand, den die Bürgerinnern und Bürger kaum mehr kennen. Vor allem nicht, seit Angela Merkel vor 12 Jahren Kanzlerin wurde. Doch Merkel kommt derzeit nur eine Nebenrolle zu, alle Augen richten sich auf die SPD.
Die zweitgrösste Partei Deutschlands wird von allen Seiten gedrängt, wieder in eine grosse Koalition mit CDU/CSU zu gehen. Doch der Parteivorsitzende Martin Schulz hat dies bereits bei der Wahlschlappe im September ausgeschlossen und hält seither eisern daran fest. Obwohl ihm ein immer stärkerer Gegenwind ins Gesicht bläst. Andere Optionen wären Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung. Letzteres will aber kaum jemand und wurde auch von Merkel bisher stets ausgeschlossen. Doch bei Neuwahlen gerät die 63-Jährige in Gefahr, das Kanzleramt zu verlieren. Und daran hängt sie doch nach wie vor sehr. Ihre grosse Hoffnung ist deshalb, dass sie sich mit der SPD auf eine Weiterführung der Regierungsgeschäfte einigen kann - doch Martin Schulz, ihr Gegner im Wahlkampf - denkt nicht daran.
Der Präsident wird deutlich
Am Donnerstag traf sich Schulz mit dem Deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, ein erklärter Gegner von Neuwahlen oder Minderheitsregierungen. Eine Stunde lang diskutierten die beiden hinter verschlossenen Türen im Schloss Bellevue von Berlin, von dort nahm er laut «Bild» eine klare Ansage mit: Neuwahlen kommen – wenn überhaupt – nur dann infrage, wenn vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Direkte Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel eingeschlossen.
Mit diesen präsidialen Weisung bepackt, machte sich Schulz auf den Weg an ein Treffen mit seinen Parteikollegen, um den weiteren Kurs der SPD festzulegen. Die Sitzung sollte ursprünglich drei Stunden dauern, am Ende sass man acht Stunden beisammen! Ausnahme: Sigmar Gabriel. Der Aussenminister und Vorgänger von Schulz als SPD-Parteivorsitzender gilt als Architekt der grossen Koalition von 2013 und strebt erneut eine Zusammenarbeit mit CDU und CSU an. Er verliess das Treffen nach zwei Stunden wieder. Ob das ein Zeichen ist, dass Schulz sich durchgesetzt hat?
Seit dem Scheitern der Jamaika-Koalition haben sich einer Umfrage zufolge in der Wählergunst leichte Veränderungen ergeben. Zulegen konnten demnach FDP, Grüne, Linke und die SPD. Auf niedrigere Werte hingegen kamen Union und AfD.
Die FDP würde auf zwölf Prozent kommen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Insa-Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins «Focus» hervorgeht. Das wären 1,3 Prozentpunkte mehr als bei der Bundestagswahl am 24. September.
Grüne und Linke liegen je bei zehn Prozent, was ebenfalls eine Verbesserung wäre. Auch die SPD kann mit 21 Prozent 0,5 Punkte zulegen. Auf etwas niedrigere Werte als bei der Wahl kommen in der Sonntagsfrage dagegen die Union mit 32 Prozent und die AfD mit zwölf Prozent. (SDA)
Seit dem Scheitern der Jamaika-Koalition haben sich einer Umfrage zufolge in der Wählergunst leichte Veränderungen ergeben. Zulegen konnten demnach FDP, Grüne, Linke und die SPD. Auf niedrigere Werte hingegen kamen Union und AfD.
Die FDP würde auf zwölf Prozent kommen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Insa-Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins «Focus» hervorgeht. Das wären 1,3 Prozentpunkte mehr als bei der Bundestagswahl am 24. September.
Grüne und Linke liegen je bei zehn Prozent, was ebenfalls eine Verbesserung wäre. Auch die SPD kann mit 21 Prozent 0,5 Punkte zulegen. Auf etwas niedrigere Werte als bei der Wahl kommen in der Sonntagsfrage dagegen die Union mit 32 Prozent und die AfD mit zwölf Prozent. (SDA)
SPD bereit für Gespräche
Man sei aus Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten offen für Gespräche mit anderen Parteien, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil in der Nacht zum Freitag. Er sagte aber nicht, mit welchem Ziel diese Gespräche geführt würden. «Die SPD ist der festen Überzeugung, dass gesprochen werden muss. Die SPD wird sich Gesprächen nicht verschliessen». Nach Darstellung von Heil lief die Spitzenrunde im Willy-Brandt-Haus, sehr sachlich und konstruktiv ab. «Die SPD-Führung ist da eng beieinander.»
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Teilnehmerkreisen erfuhr, wurde in der nächtlichen Runde unter anderem besprochen, wie die SPD in der schwierigen Lage «die Kurve kriegen kann, ohne faule Kompromisse zu machen». Nun liege es vor allem an Schulz, die Partei auf einen möglichen Kursschwenk vorzubereiten und dies der Basis zu vermitteln, hiess es.
Zudem kamen Gerüchte auf, dass SPD-Spitzenpolitiker Schulz den Rücktritt nahegelegt haben sollen. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles tat dies als «Falschinformation» ab. Andere Medien berichteten, Schulz selber hätte mit seinem Rücktritt gedroht, würde seinem Willen nicht entsprochen. Auch dies wurde in der Folge dementiert.
Zukunft von Schulz und SPD sind gekoppelt
Klar ist, dass der Kurs von Martin Schulz nicht allen gefällt. Der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, hält Schwarz-Rot für möglich. «Wir werden, wenn überhaupt nichts anderes geht, auch noch mal über eine grosse Koalition nachdenken müssen», sagte der Politiker vom linken Parteiflügel am Donnerstag im Fernsehsender ZDF. Dann müsse aber mit der CDU vor allem über soziale Themen gesprochen werden.
Am 7. Dezember beginnt in Berlin der dreitägige Bundesparteitag der Sozialdemokraten, an dem Martin Schulz gerne im Amt bestätigt würde. Besonders Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz wird derzeit als heisser Nachfolger gehandelt. Der 59-Jährige war am Mittwoch im deutschen Fernsehen zu Gast und sagte: «Ich glaube, es ist wichtiger darüber zu reden, was anliegt.» Auch Neuwahlen sind für ihn unverändert eine Option: «Es wäre falsch zu sagen, dass das keine Möglichkeit ist.»
Eine klare Bekenntnis zu Schulz klingt anders.