Donnerstagnachmittag, 16 Uhr. In der Notfallaufnahme des Tierspitals Zürich. Die einjährige Hündin Daiya liegt auf dem Behandlungstisch. Sie atmet schwer, hat sichtlich Schmerzen. Keine drei Stunden zuvor wurde sie von einem Auto angefahren. Jetzt teilt die Ärztin dem geschockten Besitzer Hans Bähler (61) aus Ottikon ZH die Diagnose mit: Beckenbruch und eine gebrochene Schwanzwurzel. Daiya, ein japanischer Kleinhund, muss auf den Operationstisch. Und das wird nicht billig. «Die Ärztin sagt, dass es etwa 2500 Franken kostet», so Bähler. Doch für den Servicetechniker ist klar: «Das bezahl ich gerade noch. Was soll ich denn sonst tun?»
Eine Garantie, dass es nicht noch teurer wird, hat der Hundebesitzer nicht. «Treten Komplikationen auf, steigen die Kosten», wurde Bähler gesagt. «Das ist viel Geld. Ich hab kein Budget, das gegen oben offen ist. Meine Schmerzgrenze kommt bald.»
So wie Bähler geht es vielen Tierhaltern in der Schweiz. Wird ihr geliebtes Tier krank, stossen sie schnell an ihre finanziellen Grenzen. Und stürzen sich sogar in Schulden. Das bestätigt Stefan Broger, Präsident der Schweizerischen Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten: «Die Tierarztrechnung wird normalerweise bezahlt. Man muss dem Tierarzt beim nächsten Besuch ja wieder in die Augen schauen. Dafür bleibt aber die Steuer-, die Krankenkassen- oder die Stromrechnung liegen. Das ist ein neuer Trend.»
Die Hightech-Tiermedizin als Schuldenfalle: Dieses Problem kennt auch Charles Trolliet. Der Tierarzt ist Präsident der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte. «Für viele Besitzer sind Hunde und Katzen heute Familienmitglieder, in einigen Fällen sogar Kinderersatz. Wird das Tier krank, ist das eine sehr emotionale Angelegenheit.»
In seiner eigenen Praxis erlebt er es täglich: «Im ersten Moment heisst es immer: Egal, was es kostet, machen Sie alles, was es braucht. Ist das Tier dann versorgt, erschrecken viele über die hohen Kosten. Die Frage nach Ratenzahlungen hat enorm zugenommen.»
So ging es auch Patricia P.* (29). Die Verkäuferin aus Zürich ist arbeitslos und möchte anonym bleiben. Ihr geliebtes Tier hat sie in die Schulden getrieben. Vor eineinhalb Jahren bricht sich Schäferhündin Cora (5) das linke Vorderbein. «Es war ein komplizierter Bruch. Es musste operiert werden. Alles in allem hat die Behandlung 5000 Franken gekostet.» Patricia stotterte den Bertrag in Raten ab. Kratzte alles Geld zusammen. Für andere Rechnungen blieb kaum was übrig. «Zeitweise hatte ich sogar Mühe, meinen Kühlschrank zu füllen.» Die Folge: «Ich bin auf dem Betreibungsamt gelandet. Cora war es aber wert.»
Katia Voss (39) ist Leiterin der Abteilung Kleintierchirurgie am Tierspital Zürich: «Natürlich ist die Behandlung der Tiere teurer geworden, weil man deutlich mehr Möglichkeiten hat. Es ist eine Dienstleistung, die wir erbringen.»
Tatsächlich gibt es zwischen der Tier- und Humanmedizin kaum mehr Unterschiede. Das Röntgengerät und der Computertomograf sind Standard. Wie auch das EKG und die Ultraschall-Untersuchung. So viel kosten die Operationen:
• Hüftprothese für den Hund: 5000 Franken inklusive Behandlung.
• Augenoperation bei grauem Star: 3000 Franken.
• Operation am Herz: 2500 bis 3000 Franken.
• Chemotherapie: je nach Medikament bis zu 1500 Franken. Darin noch nicht enthalten sind die Kosten für die Untersuchung, die Betreuung und der Aufenhalt in der Klinik.
Bei einer komplizierten oder chronischen Krankheit können die Kosten für die Behandlung eines Kleintiers schnell auf 10000 Franken klettern. Das Tierspital Zürich hat 2008 11 Millionen Franken Behandlungskosten in Rechnung gestellt, 6,5 Millionen davon gehen allein aufs Konto der Kleintierklinik.
Seit acht Jahren gibt es in der Schweiz die Möglichkeit, sein Tier zu versichern. Charles Trolliet: «Das ist bei einem jungen Tier etwas sehr Sinnvolles. Ich rate meinen Patienten dazu.» Für einen mittelgrossen Hund unter vier Jahren kostet eine solche Versicherung rund 15 Franken pro Monat. Gedeckt sind Kosten von 5000 Franken pro Jahr.
Hundebesitzer Hans Bähler: «Hätte ich meine Daiya doch schon vor dem Unfall versichert! Das werde ich jetzt aber so schnell wie möglich nachholen.»
* Name der Redaktion bekannt
• 1300000 Katzen halten sich die Schweizer als Haustiere.
• 500000 Hunde wollen täglich versorgt sein.
• 390000 Vögel. Beliebt sind vor allem Kanarienvögel, Wellensittiche und Zebrafinken.
• 170000 Meerschweinchen.
• 120000 Wüstenmäuse.
• 40000 Hamster.
• 25000 Reptilien und Amphibien. Diese Exoten haben in den vergangenen Jahren beachtlich aufgeholt. Sehr beliebt sind vor allem Schlangen, Eidechsen, Vogelspinnen und Skorpione.
* Die Angaben beruhen auf Schätzungen des Verbandes Zoologischer Fachgeschäfte und des Bundesamtes für Veterinärwesen.
• 1300000 Katzen halten sich die Schweizer als Haustiere.
• 500000 Hunde wollen täglich versorgt sein.
• 390000 Vögel. Beliebt sind vor allem Kanarienvögel, Wellensittiche und Zebrafinken.
• 170000 Meerschweinchen.
• 120000 Wüstenmäuse.
• 40000 Hamster.
• 25000 Reptilien und Amphibien. Diese Exoten haben in den vergangenen Jahren beachtlich aufgeholt. Sehr beliebt sind vor allem Schlangen, Eidechsen, Vogelspinnen und Skorpione.
* Die Angaben beruhen auf Schätzungen des Verbandes Zoologischer Fachgeschäfte und des Bundesamtes für Veterinärwesen.