Nach tagelangen Protesten gegen eine umstrittene Steuerreform schickt die kolumbianische Regierung zur Unterstützung der Polizei seit Sonntag Soldaten auf die Strassen. In der Hauptstadt Bogota fuhren mehrere Panzer auf.
«Wir werden die Zerstörung öffentlichen und privaten Eigentums und die Botschaften des Hasses in unserem Land nicht zulassen» sagte Präsident Iván Duque am Sonntag in einer Ansprache. Er setzte ein in der Verfassung verankerter Artikel in Kraft, die besagt, dass Militärs zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Polizei unterstützen können.
Volk sollte für staatliches Corona-Defizit zahlen
In dem südamerikanischen Land kommt es seit letztem Mittwoch zu teilweise gewalttätigen Protesten gegen eine Steuerreform. In mehreren Städten steckten Demonstranten Busse in Brand und plünderten Geschäfte. Es gab zahlreiche Verletzte und offenbar auch Tote.
Die Regierung wollte unter anderem die steuerlichen Freibeträge senken, die Einkommenssteuer für bestimmte Gruppen erhöhen und die Befreiung von der Mehrwertsteuer für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen abschaffen. Damit sollten die von der Corona-Krise verursachten Defizite im Staatshaushalt ausgeglichen werden.
Regierung krebste zurück und will neues Projekt starten
Offenbar zieht die Regierung die Pläne, das Volk für das staatliche Defizit zahlen zu lassen, nun zurück. Präsident Iván Duque sagte: «Ich bitte den Kongress, das vom Finanzministerium eingebrachte Projekt zu den Akten zu legen und schnellstmöglich ein neues Projekt zu bearbeiten, um finanzielle Unsicherheit zu vermeiden.» Zudem hat der kolumbianische Wirtschaftsminister Alberto Carrasquilla am Montag seinen Posten geräumt.
Am Dienstag wurde dennoch weiter demonstriert, wie die kolumbianische Tageszeitung «El Tiempo» meldet. Mindestens 19 Zivilisten und ein Polizist seien seit Beginn der Proteste bei den Ausschreitungen ums Leben gekommen. Es habe 800 Verletzte gegeben, meldet das kolumbianische Büro der Vereinten Nationen. Die meisten Todesfälle ereigneten sich in Cali, aber laut dem UN-Büro gab es auch Todesfälle in Ibagué, Tolima, Pereira, Risaralda, Soacha und Cundinamarca. (ct/SDA)