Schock-Foto gibt Rätsel auf
Was ist nur mit diesem Eisbären los?

Das Foto eines abgemagerten Eisbären hat die Diskussion über die Folgen der Klimaerwärmung neu entflammt.
Publiziert: 16.09.2015 um 22:23 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 15:21 Uhr
Komplett ausgemergelt: Eisbär auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen.

Der Anblick ist nur schwer zu ertragen. Komplett ausgemergelt streift ein Eisbär durch schwimmende Eisblöcke der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen. Das nasse Fell lässt das Tier noch magerer und kraftloser erscheinen. Die schockierende Aufnahme, die derzeit Forscher und Tausende Facebook-Nutzer beschäftigt, stammt von der Naturfotografin Kerstin Langenberger.

Auf ihrer Reise zum Nordpolarmeer wollte die Deutsche eigentlich Eisbären in ihrer ganzen Pracht fotografieren. Doch was ihr vor die Linse kam, war vielmehr ein Zeugnis von deren Notlage. Zwar seien ihr auch Eisbären in guter Verfassung begegnet, doch habe sie auf ihrer Reise zahlreiche ausgehungerte oder tote Tiere gesehen, schreibt Langenberger unter das Foto, das sie am 20. August auf Facebook veröffentlichte.

Die Naturfotografin macht die globale Erwärmung für den bedauernswerten Zustand der Tiere verantwortlich. «Ich sehe, wie die Gletscher jedes Jahr Dutzende, wenn nicht Hunderte Meter zurückgehen», schreibt sie. «Ich sehe, wie das Packeis in Rekordgeschwindigkeit schwindet.» Da müsse man nur eins plus eins zusammenzählen.

Vor allem Weibchen betroffen

Spitzbergen wird fast das gesamte Jahr von Packeis umschlossen, über die Hälfte des Landes ist von Gletschern bedeckt. Rund 3000 Eisbären leben derzeit auf der Inselgruppe. Langenberger glaubt, weil das Packeis immer schneller schmelze, würden manche Tiere von ihren Jagdgebieten abgeschnitten.

Betroffen seien laut der Fotografin vor allem die Weibchen. «Mir ist aufgefallen, dass die dünnen Tiere fast ausschliesslich weiblich sind. Um zu gebären, müssen sie vom Packeis zurück aufs Land», schreibt Langenberger. Wegen des schmelzenden Eises hätten manche daraufhin keine Andere Wahl, als an Land zu bleiben, wo es viel weniger Nahrung habe. Auch beim abgemagerten Eisbären auf dem Foto soll es sich um ein Weibchen handeln.

«Vorsicht vor allzu schnellen Schlüssen»

Laut dem WWF schrumpfte die weltweite Population der Eisbären in den letzten 40 Jahren von etwa 25'000 auf rund 17'000 Tiere. Beim prognostizierten Rückgang des Meereises in der Arktis gehen Wissenschaftler davon aus, dass bis Mitte des Jahrhunderts rund zwei Drittel der Eisbären-Population ausgelöscht sein wird, wie eine Studie der US-Wissenschaftsbehörde Geological Survey im Jahr 2007 feststellte.

Nichtsdestotrotz haben Wissenschaftler vor allzu leichtfertigen Schlüssen betreffend des Zustandes der Eisbären in der Arktis gewarnt. «Da muss man vorsichtig sein. Es kann sein, dass der Bär auch einfach nur alt ist oder Mühe bei der Jagd hat», sagt etwa Ian Stirling, Eisbären-Forscher an der Universität Alberta in Kanada, und spielt damit auf Langenbergers Facebook-Post an. «Ich glaube nicht, dass man von ein paar wenigen Beobachtungen auf einen Mangel an Packeis schliessen kann.» (gr)

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