Schnellere und umfassendere Massnahmen
Warum Asien die Corona-Krise schneller in den Griff bekommt als Europa

Erfahrung im Umgang mit Krisen hat Asien erlaubt, schneller und resoluter gegen die Ausbreitung des Coronavirus vorzugehen. Zustände wie gegenwärtig in Europa konnten damit verhindert werden. Regierungen hilft dabei, dass Gemeinschaften über dem Individuum stehen.
Publiziert: 15.03.2020 um 15:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2021 um 05:35 Uhr
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In Italien herrscht der Corona-Notstand.
Foto: imago images
Daniel Kestenholz

Im Westen rieb man sich verblüfft die Augen, wie schnell und resolut China auf die Coronavirus-Krise antwortete, die sich vom Epizentrum Wuhan aus ins Land und von da über den Erdball ausbreitete. Ganze Millionenstädte wurden abgeriegelt, Spitäler innert Tagen aus dem Nichts hochgezogen. Einher dazu erliessen die Behörden gravierende Einschränkungen von persönlichen Rechten. Die Gemeinschaft hatte diese auf sich zu nehmen, für das Wohl von Volk und Nation.

Schnell reagierten auch Chinas Nachbarn, auch wenn das Virus längst unerkannt nach Korea, Japan, Thailand und andere Länder eingeschleppt worden war. Doch die Erinnerung an die Sars-Epidemie in den Jahren 2002 und 2003 sowie die später folgende Vogelgrippe-Virus ist noch hellwach. Asiaten reagierten rasch: Ob in Singapur, Bangkok oder Kuala Lumpur; ob am Flughafen, einem Supermarkt oder in einem Büro- oder Verwaltungsgebäude: Wer eintreten will, hat seine Körpertemperatur messen zu lassen. Verdachtsfälle werden sofort gemeldet, getestet und behandelt.

Rigorose Erkennung und strenge Quarantäne

Gerade die drei Destinationen Hongkong, Singapur und Taiwan, die Festland-China durch ihre chinesischstämmigen Bevölkerungen stark ausgesetzt sind, haben exemplarisch gezeigt, wie dem Virus ab Stunde null beizukommen ist. Menschen zögern beispielsweise nicht, mit einer Atemschutzmaske nach draussen und einkaufen zu gehen. Das Tragen der Maske ist in diesen Zeiten der Krise so normal wie das Mitnehmen der Einkaufstasche.

Der Schlüssel zum bisherigen Erfolg dieser Länder zur Bekämpfung der Corona-Krise war die Entscheidung, von Anfang an aggressiv zu reagieren. In Taiwan waren Gesundheits-Screenings für Reisende aus Wuhan schon erforderlich, bevor Mensch-zu-Mensch-Ansteckungen erwiesen waren. Am 1. Februar, als die Weltgesundheitsorganisation WHO noch keine Notwendigkeit für Reisebeschränkungen sah, hatten Hongkong, Singapur und Taiwan bereits Reiserestriktionen für Reisende aus dem Festland eingeführt.

Krisengewohnte Asiaten

Für Hongkong, das direkt an China angrenzt, rechneten Experten mit höchsten Ansteckungszahlen. Hongkong hat soweit 141 bestätigte Corona- und vier Todesfälle. Taiwan, das rund 130 Kilometer vor China liegt, meldet ganze 53 Ansteckungen und einen Todesfall. Singapur spricht von 212 Infektionen und noch keinem Opfer. Rigorose Erkennung und strenge Quarantäne haben diese Länder soweit vor Infektionsraten wie in Europa bewahrt, wo die Zahlen unvermindert ansteigen und der Höhepunkt der Krise noch nicht erreicht ist.

Es dürfte zudem mit der langen Erfahrung auf dem Kontinent mit Krisen zu tun haben, weshalb es in Asien weder zu Panik- noch Hamsterkäufen gekommen ist. Asiaten sind mehr an Krisen gewohnt als Menschen in westlichen Industrieländern. Für Menschen in weiten Teilen Asiens wird nicht wie im Westen mit Sozialversicherungen und behördlichen Anlauf- und Auffangstellen gesorgt. Menschen sind auf sich allein und auf ihre Familien gestellt. Selbstverantwortung überträgt sich auf die Gemeinschaft.

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