Schlag gegen Mafia-Clan in Deutschland und Italien
169 Personen bei Gross-Razzia verhaftet

In Deutschland und Italien ist der Polizei ein Schlag im Kampf gegen die kalabrische Mafia Ndrangheta gelungen. Bei der Gross-Razzia am Dienstag wurden 169 Personen verhaftet.
Publiziert: 09.01.2018 um 16:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:30 Uhr
169 Personen bei Gross-Razzia verhaftet
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Schlag gegen Mafia-Clan in Deutschland und Italien:169 Personen bei Gross-Razzia verhaftet

Bei einer Grossrazzia in Italien und Deutschland ist der Polizei nach eigenen Angaben ein grosser Erfolg gegen die Mafia gelungen. Insgesamt wurden am Dienstag in mehreren italienischen Regionen sowie in Deutschland 169 Personen festgenommen.

Die Festnahmen betrafen vor allem Mitglieder des einflussreichen 'Ndrangheta-Clans Farao-Marincola, wie die Polizei berichtete. Dabei handelt es sich um einen der mächtigsten Clans Kalabriens. Allerdings erstreckt sich ihr Aktionsradius weit über Italien und Europa hinaus.

Bürgermeister und Lokalpolitiker verhaftet

Die Polizei wirft den festgenommenen Mitgliedern der Familien Farao und Marincola vor, sowohl in Italien als auch in Deutschland als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zahlreiche Straftaten begangen zu haben. Dazu zählten versuchter Mord, Geldwäscherei, Erpressung, Verstösse gegen das Waffengesetz und illegaler Handel.

In Italien wurden ein Bürgermeister in Kalabrien, der Präsident der Provinz Crotone sowie rund ein Dutzend weitere Lokalpolitiker verhaftet.

«Wichtiger Erfolg» gegen die Unterwanderung der Wirtschaft

In Deutschland wurden elf Männer im Alter von 36 bis 61 Jahren gefasst, wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte. Gegen die in Deutschland Festgenommenen lagen dem BKA zufolge EU-Haftbefehle vor. Zuvor hatten die italienischen Ermittler Rechtshilfeersuchen an Deutschland gerichtet.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière sprach von einem «wichtigen Erfolg» gegen die Unterwanderung der Wirtschaft durch mafiöse Strukturen und Methoden. De Maizière erklärte: «Wir lassen es nicht zu, dass kriminelle Organisationen wie die 'Ndrangheta Deutschland als Rückzugs- und Investitionsraum nutzen und hier ihr kriminelles Geschäft erledigen.»

Mehrere Wirtschaftssektoren infiltriert

Der Clan Farao-Marincola steht unter Kontrolle des zu lebenslanger Haft verurteilten Bosses Giuseppe Farao. Der 71-jährige Patriarch leite auch vom Gefängnis aus die Geschäftes des Clans, berichteten die Ermittler.

Dem Clan ist es den Carabinieri zufolge gelungen, mit Mafia-Methoden Einfluss auf bedeutende italienische Wirtschafts- und Handelszweige zu nehmen und diese «radikal» unter seine Kontrolle zu bringen. Den Gewinn aus Geschäften wie etwa Herstellung und Verkauf von Fisch, Wein und Backwaren habe sie unter anderem in Norditalien und in Deutschland investiert, erklärte das BKA.

Die Gruppierung war vor allem im Lebensmittelhandel und in der Müllentsorgung tätig und leitete Bestattungsfirmen. Sie habe beispielsweise kalabrische Restaurants dazu gebracht, Weinprodukte lediglich von Unternehmen anzukaufen, die von der kriminellen Vereinigung kontrolliert wurden.

Mitglieder des Clans beeinflussten unter anderem dank ihrer Beziehungen zu Lokalpolitikern die Vergabe öffentlicher Aufträge für die Belieferung von Flüchtlingseinrichtungen in Kalabrien. Laut den Ermittlern haben die Mitglieder des Clans eine «kriminelle Holding» aufgebaut, die Millionen umsetzte. Die Polizei beschlagnahmte Besitztümer im Wert von 50 Millionen Euro.

Herber Schlag für die Clan-Mutter

Die Präsidentin der parlamentarischen Antimafia-Kommission, Rosy Bindi, sprach von einem grossen Erfolg der Ermittler im Kampf gegen die internationalen Verzweigungen der 'Ndrangheta.

Die Vereinigung der kalabrischen Mafia gehört neben der Cosa Nostra und der Camorra zu den mächtigsten Mafiaorganisationen Europas. Nach Angaben der US-Bundespolizei FBI hat sie etwa 6000 Mitglieder in 160 sogenannten Clans. Diese hängen über Familienbande miteinander zusammen.

Die 'Ndrangheta kommt auf einen geschätzten Jahresumsatz von zumindest 35 Milliarden Euro. Ihr Spezialgebiet ist nach Erkenntnissen der Ermittler der Kokainhandel. Angeblich hat die Organisation bereits die kolumbianischen Drogenkartelle in den Schatten gestellt und koordiniert den Kokainhandel sogar in den Produktionsländern Südamerikas.

Weitere Einnahmequellen seien Geldwäsche, Waffenhandel, Prostitution und Erpressung. Gewinne werden meist in Hotels, Restaurants, Einkaufszentren und anderen Immobilien investiert. (SDA/rad)

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