Terrorismus - USA
50 Tote in US-Schwulenclub - Obama spricht von «Terrorakt»

Orlando – Bei der bisher schlimmsten Bluttat eines Todesschützen in der US-Geschichte sind am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) in einem Schwulenclub in Orlando, Florida, 50 Menschen getötet und 53 verletzt worden. US-Präsident Barack Obama sprach von einem «Akt des Terrorismus».
Publiziert: 12.06.2016 um 22:51 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 22:00 Uhr

Stunden nach dem Massaker verdichteten sich Hinweise darauf, dass der Täter von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) inspiriert war. Nach Angaben der US-Bundespolizei FBI bekannte er sich in einem Anruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zu der Terrorgruppe.

Die Polizei identifizierte den Schützen am Sonntagnachmittag (Ortszeit) als Omar Mateen, einen 29-jährigen US-Bürger mit afghanischen Eltern. Er hatte gegen 2.00 Uhr das Feuer auf Besucher des Nachtclubs «Pulse» eröffnet. Etwa drei Stunden später wurde der mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 und einer Handfeuerwaffe ausgerüstete Mann in einem Feuergefecht mit Polizisten getötet.

Wie bekannt wurde, arbeitete Mateen für eine Sicherheitsfirma in Florida und erwarb seine Waffen kurz vor der Tat legal. Das FBI habe ihn zwei Mal - 2013 und 2014 - wegen möglicher Verbindungen zum IS auf dem Radar gehabt, sagte ein FBI-Vertreter vor Journalisten. Der Mann habe aber nicht unter Beobachtung gestanden.

Eine IS-nahe Nachrichtenagentur behauptete am Sonntag, der Todesschütze sei IS-Mitglied. Die Behörden betonten indes, sie schlössen kein Motiv aus: Die Ermittlungen gingen in alle Richtungen. Es stehe auch im Raum, dass sich der Angriff gegen Homosexuelle gerichtet haben könnte.

Der Vater des mutmasslichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Schwule gehegt habe. Nach Medienberichten wurde Mateen in New York geboren, lebte in Port St. Lucie in Florida und fuhr mit einem Mietauto ins rund 170 Kilometer entfernte Orlando.

Der Polizei zufolge hatte der Mann im Club «Pulse» im Herzen Orlandos kurz vor Schliessung zu schiessen begonnen. Zunächst habe sich ein einzelner Polizist mit ihm ein Feuergefecht geliefert, dann seien zwei weitere Beamte hinzugekommen. Einer von ihnen sei verletzt worden. Der Schütze habe dann Geiseln genommen.

Die Polizei habe sich nach ungefähr drei Stunden zu einer gewaltsamen Befreiung entschieden. Die Beamten verschafften sich eigenen Angaben zufolge unter anderem mit Hilfe eines Sprengsatzes Zugang zum Club. Dieser ist laut Medienberichten keine grosse Halle, sondern ein verzweigtes Gebäude mit vielen Räumen.

Der Täter sei in der Nähe einer Eingangstür gewesen und in einem Feuergefecht getötet worden. «Mindestens 30 Geiseln konnten durch die Aktion gerettet werden», sagte der örtliche Polizeichef John Mina. Der Täter sei «sehr gut organisiert und vorbereitet gewesen».

Der Club war Mina zufolge mit mehr als 300 Menschen gut besucht. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse, als viele Menschen tanzten. Augenzeugen berichteten von Dutzenden Schüssen in schneller Folge. Viele flohen aus dem Gebäude.

In Orlando und dem Bezirk Orange wurde der Ausnahmezustand erklärt. Der Gouverneur von Florida, Rick Scott, rief landesweit in den USA eine Schweigeminute für Sonntagabend 18.00 Uhr Ortszeit (0.00 Uhr MESZ) aus. Floridas Senator Marco Rubio und Behördenvertreter riefen zu Blutspenden auf. In mehreren Städten, so in Washington, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für am Sonntag geplante Schwulen-Paraden im Zuge des «Gay Pride Month» Juni verschärft.

Obama, der alle Fahnen an US-Bundesgebäuden auf Halbmast senken liess, sprach sichtlich erschüttert mit Blick auf die Wahl des Mordziels von einem «Anschlag auf uns alle und auf die fundamentalen Werte der Gleichheit und Würde, die unser Land definieren». Es sei das schlimmste Verbrechen eines einzelnen Schützen in der Geschichte der USA gewesen und mache einmal mehr klar, wie leicht man in den USA an verheerende Waffen komme.

Die demokratische US-Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton sagte eine für Mittwoch angesetzte Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin wegen der Vorgänge in Orlando ab. Auch Obama, der bei dem Termin anwesend sein wollte, sagte seine Reise ab.

Das Blutbad löste auch ausserhalb der USA Trauer aus. So trafen am Sonntagabend etwa aus Berlin, Moskau, London oder dem Vatikan Beileidsbekundungen ein.

In Bern verurteilte die Schweizer Regierung den Anschlag. Auch der Schwulen-Dachverband Pink Cross und die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) zeigten sich am Sonntagabend bestürzt über die Tat.

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