Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) rüttelt seit Monaten an den Eckpfeilern des stockkonservativen Königreichs. Der 32-jährige Thronfolger hat dem von der Monarchie lange geduldeten sunnitischen Terrorismus den Kampf angesagt. Auch die Muslimbrüder sind in Riad nicht mehr willkommen. Dafür hat er den saudischen Frauen längst überfällige Rechte eingeräumt.
Mindestens so revolutionär sind seine Pläne zur Befreiung des Landes aus der ökonomischen Abhängigkeit von Öl und Gas. Und nun hat MbS als erster arabischer Regierungschef in einem Interview auch noch das Existenzrecht Israel ausdrücklich anerkannt.
Sanfte Liberalisierung als Strategie
Bisher werden vor allem die gesellschaftlichen Reformen beachtet. Dass etwa am 18. April die ersten der seit 1979 geschlossenen Kinosäle wieder öffnen werden. Das totale Verhüllungsgebot für Frauen ist auch gefallen. Mädchen dürfen zum Sportunterricht, Frauen an Musikveranstaltungen und ins Fussballstadion. Demnächst sollen sie sogar wieder Auto fahren dürfen.
Tatsächlich aber ist die sanfte Liberalisierung Teil einer gefährlichen Strategie des Thronfolgers gegen die Expansionspolitik der iranischen Theokratie. Diese regiert seit 1979 – einem schrecklichen Jahr für die muslimische Welt. Denn nicht nur siegte in Teheran der schiitische Revolutionsführer Ruhollah Khomeini über den Schah und über die Zivilgesellschaft. An Khomeini orientiert überfielen auch im saudischen Mekka sunnitische Eiferer die Grosse Moschee. Bei den tagelangen Kämpfen starben Hunderte. Tausende wurden verletzt, die Rädelsführer schliesslich öffentlich enthauptet.
Geburtsstunde des sunnitischen Terrorismus
Es war die Geburtsstunde des sunnitischen Terrorismus. Der konservative Klerus hatte der bewaffneten Befreiung der Moschee zugestimmt – aber das hatte einen hohen Preis. Von nun an definierten die Wahhabiten mit ihren mittelalterlichen Werten nicht nur die sozialen Normen in Saudi-Arabien. Sie hatten vom König auch grünes Licht für den internationalen Kampf gegen die Schiiten.
Osama bin Laden und seine Al Kaida, aber auch sunnitische Terrorgruppen in Afrika und Asien und zuletzt der sogenannte «Islamische Staat» in Syrien und dem Irak waren direkte Folgen dieser Entscheidung.
Den Iranern schadete das alles nicht, im Gegenteil. Seit die USA den sunnitisch-irakischen Diktator Saddam Hussein stürzten, regieren in Bagdad Schiiten, von Teheran unterstützt. Im Libanon halten Spezialeinheiten des iranischen Regimes die Hisbollah an der Macht. Syriens Machthaber Bashar al-Assad und die Huthi-Rebellen im Jemen – auch sie bauen auf den Iran.
Saudische Allianzen gegen Iran
Der saudische Kronprinz schmiedet jetzt neue Allianzen gegen Teheran, etwa mit den sunnitischen Golfstaaten oder Ägypten. Nach jahrzehntelanger Heimlichtuerei offen nun auch mit Israel. Vor allem aber buhlt MbS um den Schutz der USA. Donald Trump und sein Schwiegersohn-Berater Jared Kushner scheinen willig, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Kushner soll seinen Freund MbS, den Öl-Milliardär, dafür um eine Finanzspritze für sein wackeliges Immobilien-Imperium gebeten haben. Trump wiederum hofft, die Iraner in die Knie zwingen zu können. Sein künftiger Nationaler Sicherheitsberater John Bolton spricht offen von einem erzwungenen Regierungswechsel in Teheran innert eines Jahres.
Trump und Israels Premier Benjamin Netanyahu halten Barack Obamas internationales Atom-Abkommen mit dem Iran für einen Fehler – und der Saudi stimmt ihnen da zu. Trump gibt dem Iran und den europäischen Vertragspartnern Zeit bis zum 12. Mai, um den Atomdeal nachzubessern. Und Kronprinz MbS macht zusätzlich Stimmung: In einem Interview erklärte er, Irans Revolutionsführer Ali Khamenei sei «schlimmer als Hitler».
Frieden im Nahen Osten scheint unerreichbarer denn je. Die Zeichen stehen auf offenen Konflikt.
Washington – Die Charme-offensive des saudischen Kronprinzen zahlt sich aus.
Vor zwei Wochen schaute sich Mohammed bin Salman im Weissen Haus mit Präsident Donald Trump Fotos von US-Kriegsmaterial an – gestern gab das Pentagon grünes Licht für einen Waffendeal mit dem Königreich in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar: massgeblich Haubitzen und Artillerie, die zweifellos im Bürgerkrieg in Jemen zum Einsatz kommen werden. Dort führen Saudi-Arabien und der Iran einen Stellvertreterkrieg. Doch das scheint die Amerikaner nicht zu beunruhigen. Saudi-Arabien trage «zu politischer Stabilität und wirtschaftlichem Fortschritt im Nahen Osten» bei, so das Pentagon.
Washington – Die Charme-offensive des saudischen Kronprinzen zahlt sich aus.
Vor zwei Wochen schaute sich Mohammed bin Salman im Weissen Haus mit Präsident Donald Trump Fotos von US-Kriegsmaterial an – gestern gab das Pentagon grünes Licht für einen Waffendeal mit dem Königreich in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar: massgeblich Haubitzen und Artillerie, die zweifellos im Bürgerkrieg in Jemen zum Einsatz kommen werden. Dort führen Saudi-Arabien und der Iran einen Stellvertreterkrieg. Doch das scheint die Amerikaner nicht zu beunruhigen. Saudi-Arabien trage «zu politischer Stabilität und wirtschaftlichem Fortschritt im Nahen Osten» bei, so das Pentagon.