Sasha Filipenko kämpft vom Genfersee aus gegen Belarus-Diktator Lukaschenko
«Europa muss in die Gänge kommen!»

Der Schriftsteller Sasha Filipenko ist eine der wichtigsten Stimmen der belarussischen Demokratiebewegung. Sein Zorn trifft auch Schweizer Funktionäre.
Publiziert: 28.02.2021 um 10:13 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2021 um 21:37 Uhr
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Schreibt Romane – und sehr wütende Briefe: der belarussische Schriftsteller Sasha Filipenko.
Foto: zVg
Fabienne Kinzelmann

Wenn Sasha Filipenko (36) Briefe schreibt, wird es auch für Schweizer ungemütlich.

René Fasel (71), seit mehr als 25 Jahren Präsident des Eishockey-Weltverbands, hat zum Beispiel schon unangenehme öffentliche Post von dem belarussischen Schriftsteller bekommen. Zwei in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» veröffentlichte Schreiben von Filipenko trugen massgeblich dazu bei, dass die Eishockey-WM nun doch nicht in Belarus stattfindet – Fasel hatte trotz Alexander Lukaschenkos (66) brutalen Terrorregimes am Austragungsort festgehalten. Ein Bild zeigte den Üechtländer und den Diktator Anfang Januar gar bei einer herzlichen und maskenlosen Umarmung.

Zuletzt traf Filipenkos zornige Schreibe IKRK-Präsident Peter Maurer (65). In der «NZZ am Sonntag» warf er dem Schweizer Diplomaten Kooperation mit Lukaschenko vor. Das belarussische Rote Kreuz habe die massive Fälschung der Präsidentschaftswahl im vergangenen August gedeckt.

Filipenko fordert Europa zum Handeln auf

«Ich tue jeden Tag alles, was möglich ist», sagt Sasha Filipenko zu SonntagsBlick über seinen Kampf für die Demokratie in seinem Heimatland. Im Inter-Mailand-Trikot sitzt der Romanautor vor seiner Computerkamera in Montricher VD. Für sechs Monate lebt er mit Frau und Sohn in einer Schriftsteller-Residenz der Fondation Jan Michalski, Ende März erscheint sein zweiter Roman auf Deutsch.

Vom Genfersee aus verfasst Filipenko Briefe an europäische Funktionäre, Facebook-Posts und Zeitungsartikel. «Europa muss in die Gänge kommen. Wenn es die diktatorischen Vorgänge in Belarus toleriert, greift das auch auf andere Länder über: Russland, Ungarn, Polen ... und irgendwann dann vielleicht auch Mitteleuropa.»

Die Proteste nach der manipulierten Präsidentschaftswahl am 9. August liess Lukaschenko niederknüppeln. Mit Gewalt, Folter und Entführungen hält sich der abgewählte Präsident an der Macht. Zu den Opfern der belarussischen Willkür gehörte auch schon die SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky (30), die am 31. Januar auf dem Weg zu einem Café-Besuch von Maskierten in einen Minibus gezerrt und ohne Begründung drei Stunden auf einer Polizeistation festgehalten wurde.

Putin unterstützt Lukaschenko

Die Einschüchterungsversuche wirken. Viele Oppositionelle sind im Gefängnis, andere im Exil. Die wochenlangen Massendemonstrationen sind subtileren Protestformen gewichen – etwa «Spaziergängen» mit rot-weissen Regenschirmen und Kleidung: Die Farben der Nationalflagge nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991; Lukaschenko hat diese Flagge 2012 durch eine Rot-Grüne ausgetauscht.

Statt einer friedlichen Machtübergabe an Wahlsiegerin Swetlana Tichanowskaja (38) hat sich Lukaschenkos Terrorherrschaft in den letzten Monaten weiter verschärft. Als wahrscheinlichstes Szenario für die Zukunft Belarus' gilt mittel- bis langfristig eine Machtübergabe an einen Kandidaten von Wladimir Putins (68) Gnaden.

Am Montag traf sich Lukaschenko mit seinem Moskauer Amtskollegen im russischen Wintersportort Sotschi. Nach einem einstündigen Gespräch sorgten beide auf der Piste für symbolträchtige Bilder: Die zwei Despoten machten auf Ski keine «bella figura», bemühten sich aber sichtlich um den Parallelschwung.

Verheerend, findet Sasha Filipenko: «Wir sind kein Anhängsel, keine Kolonie von Russland, sondern ein eigenes Volk von zehn Millionen – genauso wie die Schweiz!»


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