Popows Absetzung im Zuge seiner Kritik an Missständen und dem hohen Verlust russischer Soldaten bestätige, dass Moskaus Verteidigungsstellungen in der Ukraine «wahrscheinlich brüchig» seien, hiess es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) vom Donnerstag (Ortszeit). Die Experten verwiesen auf ihre früheren Einschätzungen, nach denen die russischen Streitkräfte keine Reserven etwa für Rotationen hätten.
Im Falle eines Durchbruchs ukrainischer Kräfte bei deren Gegenoffensive blieben die russischen Stellungen ohne Unterstützung, meinten die ISW-Experten. Sie erwarten zwar, dass Popows Abgang unmittelbar allenfalls «marginale» Auswirkungen habe. Sie betonen aber: «Die immer fragilere russische Befehlskette könnte in Zukunft zu einer kritischen Kommando- und Kontrollkrise führen, in der die Unterstützung der Feldkommandeure für das russische Militärkommando immer schwächer werden könnte.»
Popow, der die 58. Armee in der besetzten ukrainischen Region Saporischschja befehligt hatte, habe sich mit seiner Kritik auf eine Stufe mit anderen gestellt, hiess es. So hatte etwa der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, Generalstabschef Waleri Gerassismow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu Unfähigkeit vorgeworfen. Auch Popows Ziel könne es gewesen sein, Gerassimow als Oberbefehlshaber für den Krieg gegen die Ukraine zu beseitigen. Der Generalstabschef aber versuche, Kritik zu unterbinden und sie nicht zu Kremlchef Wladimir Putin durchdringen zu lassen.
Nach Einschätzung der ISW-Experten sind die russischen Streitkräfte in der Defensive und setzen alles daran, ihre Stellungen zu halten. Derweil führe die ukrainische Armee ihre Gegenoffensive an mindestens drei Abschnitten der Front fort und verzeichne in einigen Regionen Gebietsgewinne.
Die Offensive Kiews hat das Ziel, alle Gebiete von der russischen Besatzung zu befreien - einschliesslich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Russland hatte seinen Krieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 begonnen.
(SDA)