Die Ukraine meldet auch weiter Angriffe, so etwa auf ein Treibstofflager in der Grossstadt Dnipro. Abermals ringen beide Seiten um eine Feuerpause für die umkämpfte Stadt Mariupol. Die Bundesregierung hofft ihrerseits auf mehr Klarheit, ob und wie Russland weiter Gas liefert.
Wirrwarr um künftigen Zahlungen an Russland für Gas
Darüber will der russische Präsident Wladimir Putin an diesem Donnerstag mit Vertretern des Energieriesen Gazprom und der russischen Zentralbank reden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte aus Sorge vor möglichen Einschränkungen die erste von drei Krisenstufen des sogenannten Notfallplans Gas in Kraft gesetzt. Hintergrund ist die Ankündigung Russlands, Gas nur noch gegen Zahlungen in Rubel zu liefern. Deutschland und andere westliche Staaten pochen darauf, weiter in Euro und Dollar zu zahlen.
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte am Mittwochabend nach einem Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Putin, die westlichen Zahlungen könnten auch nach dem 1. April wie üblich in Euro an die Gazprom-Bank gehen. Die Bank konvertiere dann das Geld in Rubel. Scholz habe dem nicht zugestimmt, sondern um schriftliche Informationen gebeten.
Selenskyj: Russland zieht sich nicht freiwillig zurück
In den Verhandlungen mit der Ukraine über ein Ende des Kriegs hatte Russland am Dienstag angekündigt, seine Kampfhandlungen an der nördlichen Front deutlich zurückzufahren. Die Gespräche mit der russischen Delegation sollen auch nach Angaben des ukrainischen Verhandlungsführer David Arachamija am 1. April im Online-Format fortgesetzt werden. Ziel der Ukraine ist ein direktes Gespräch der Präsidenten beider Länder.
Der ukrainische Präsident Selenskyj äusserte Misstrauen. «Ja, es gibt einen Verhandlungsprozess, der fortgesetzt wird. Aber es sind bisher Worte. Nichts Konkretes», sagte er in einer Videobotschaft. Russland ziehe sich nicht freiwillig aus der Umgebung der Hauptstadt Kiew und umkämpften Stadt Tschernihiw zurück, sondern werde von der ukrainischen Armee dort verdrängt.
Gleichzeitig erkenne Kiew einen Aufmarsch russischer Truppen für neue Angriffe im Donbass, sagte Selenskyj. «Und darauf bereiten wir uns vor.» Er bekräftigte die Forderung nach Hilfe der westlichen Partner, etwa Panzer, Flugzeuge und Artilleriesysteme. «Die Freiheit darf nicht schlechter bewaffnet sein als die Tyrannei», sagte er.
Blick informiert im Ticker Live über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine.
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US-Regierung beobachtet russischen Teilabzug um Kiew
Die US-Regierung erklärte in Washington, Russland habe binnen 24 Stunden einen kleinen Teil seiner Truppen aus der Umgebung von Kiew abgezogen - «wahrscheinlich etwa 20 Prozent der Truppen», sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Einige dieser Soldaten seien nach Belarus verlagert worden. Nach Einschätzung der US-Regierung bekommt Präsident Putin keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Putins hochrangige Berater hätten «zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen», meinte die Kommunikationsdirektorin des Weissen Hauses, Kate Bedingfield.
Russland stellt Feuerpause in Mariupol in Aussicht
Für die seit Wochen umkämpfte Stadt Mariupol bot Russland für Donnerstag eine Feuerpause an, um Zivilisten die Möglichkeit zur Flucht zu geben. «Russlands Streitkräfte erklären - ausschliesslich zu humanitären Zwecken - am 31. März ab 10.00 Uhr (9.00 Uhr MESZ) eine Feuerpause», sagte Generalmajor Michail Misinzew laut Agentur Interfax. Zugleich setzte er der Ukraine eine Frist bis 05.00 Uhr deutscher Zeit, um ihrerseits eine Feuerpause zu erklären.
Ukraine: Raketenangriff auf Öldepot in Dnipro
Bei einem Raketeneinschlag in der Stadt Dnipro wurde nach ukrainischen Angaben ein mit Treibstoff gefülltes Öldepot zerstört. Trümmer hätten zudem zwei Tanklastwagen beschädigt, teilte der Leiter des Regionalrats, Mykola Lukaschuk, mit. Es habe keine Opfer gegeben. In Nowomoskowsk nordöstlich von Dnipro schlug ukrainischen Angaben zufolge eine Rakete in eine Fabrik ein. Auch hier gab es demnach keine Toten. Pawlo Kyrylenko vom Koordinierungszentrum der Region Donezk warf Russland den Einsatz von Phosphorgranaten vor. Der Luftwaffe in Kiew zufolge feuert Russland sogar vom Kaspischen Meer aus Raketen auf Ziele in der Ukraine ab. Die Angaben der Kriegsparteien sind nicht unabhängig zu überprüfen.
Vorbereitungen für ein «Referendum» in Cherson?
Der ukrainische Generalstab meldete in der Nacht, Russland bereite in der eroberten Grossstadt Cherson ein «Referendum» über die Errichtung einer moskaufreundlichen «Volksrepublik» vor. Damit versuche die einmarschierte Armee, die Gebiete im Süden der Ukraine mit «zivil-militärischen Verwaltungen» zu kontrollieren. Das Muster würde den mittlerweile von Russland als unabhängig anerkannten Separatistengebieten Donezk und Luhansk in der Ostukraine ähneln. Cherson hat knapp 300.000 Einwohner und hat eine wichtige Rolle beim Schutz der Hafenstadt Odessa im Südwesten des Landes.
Das wird am Donnerstag wichtig
Bei Putins Treffen mit Gazprom und der russischen Zentralbank soll es um konkrete Schritte zur Abrechnung der Gaslieferungen an den Westen gehen. Zudem wird Klarheit über eine mögliche Feuerpause für Mariupol erwartet. Selenskyj spricht zum australischen Parlament. Und Generalsekretär Jens Stoltenberg stellt den Nato-Jahresbericht vor.
(SDA)