Das teilte die neue deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock am Samstagabend nach Beratungen mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Liverpool mit. Die Grünen-Politikerin betonte zugleich, die G7 agiere nicht als Gruppe, die «gegen jemanden arbeitet, sondern für etwas eintritt».
Deutschland übernimmt zum Jahreswechsel von Grossbritannien den Vorsitz der G7, zu der neben Frankreich und den USA auch Italien, Japan und Kanada gehören. Baerbock betonte, die Zusammenarbeit beruhe auf dem gemeinsamen Verständnis einer globalen Wirtschaft, das auf Werten von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten basiere und an einem fairen Welthandel und an einem fairen Miteinander interessiert sei.
Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Lage an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland sagte Baerbock, die Runde sei sich einig, dass es in Europa zu keiner Grenzverschiebung kommen dürfe. Es sei klare gemeinsame Haltung, «dass eine Überschreitung dieser Grenze enorme politische und wirtschaftliche Konsequenzen haben würde». Von Liverpool solle das Signal ausgehen, «dass wir klar zum Multilateralismus und vor allen Dingen zum Völkerrecht stehen». US-Präsident Joe Biden wiederholte am Samstag in Wilmington (Delaware) auf eine Reporterfrage dazu seine Drohung der vergangenen Tagen: Sollte Russland in Ukraine einmarschieren, würden die Konsequenzen für die russische Wirtschaft «verheerend».
Baerbock sagte, trotz der angespannten Lage sollten alle Massnahmen ergriffen werden, um zum Dialog mit Russland zurückkehren zu können. Sie nannte das Normandie-Format von Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland sowie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als mögliche Verhandlungsplattformen. Ziel sei eine Deeskalation an der russisch-ukrainischen Grenze.
Einstimmigkeit gebe es in der Runde, dass China «Partner ist bei all den globalen Fragen, die uns weltweit bewegen, aber eben auch Wettbewerber und Systemrivale», sagte Baerbock. Man wolle eine Zusammenarbeit mit China unter fairen Bedingungen und vor allem der Achtung der Menschenrechte erreichen.
Angesichts der stockenden Atomgespräche mit dem Iran in Wien sagte Baerbock, das Angebot der Iraner bedeute, dass man in den Verhandlungen um sechs Monate zurückfalle. Der Iran habe massiv Vertrauen verspielt. Es werde dennoch mit Hochdruck an einer diplomatischen Lösung gearbeitet. Deutlich sei in Liverpool aber auch die Forderung geworden, dass der Iran zum alten Verhandlungsstand zurückkehren müsse. Die Verhandlungen seien «kein Selbstzweck, sondern verhindern, dass Iran Ressourcen und Know-how bekommt, um eine Atombombe zu bauen».
Baerbock stellte in den Beratungen demnach auch die Schwerpunkte des aussenpolitischen Teils des deutschen G7-Vorsitzes vor. Als ersten Punkt nannte sie die Verknüpfung von Klimakrise und Sicherheitspolitik. Der Klimawandel sei ein starker Treiber für Konflikte weltweit. Zudem wolle Deutschland einen vorausschauenden Multilateralismus stärken, damit international nicht erst gehandelt werde, wenn Krisen schon da seien. Deutschland wolle sich während des G7-Vorsitzes zudem für eine stärkere Widerstandsfähigkeit der Demokratien etwa gegen Cyber- oder andere Attacken einsetzen.
Die G7-Minister wollten auch darüber diskutieren, wie die sich zuspitzende humanitäre Krise in Afghanistan bewältigt werden kann. Die Gastgeberin, die britische Aussenministerin Liz Truss, wollte auf dem Treffen 75 Millionen Pfund (knapp 88 Mio Euro) an britischer Nothilfe für Afghanistan zusichern. Damit sollen nach Angaben des britischen Aussenministeriums in diesem Winter 1,8 Millionen Afghaninnen und Afghanen mit lebensrettender Hilfe unterstützt werden, etwa mit Lebensmitteln, Wasser, Unterkünften und gesundheitlicher Notversorgung. Bereitgestellt wird diese Hilfe demnach über UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm und weitere vertraute Partner.
Baerbock wollte am Sonntagnachmittag nach Brüssel weiterfliegen. Dort war am Abend ein Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geplant. An diesem Montag will die Ministerin in der belgischen Hauptstadt zum ersten Mal an einem EU-Aussenministerrat teilnehmen. (SDA)