Rund 500 Polizisten in Deutschland im Einsatz
16 Razzien bei Hamas und Samidoun

In Deutschland gab es am Donnerstag mehrere Razzien, an denen rund 500 Polizisten beteiligt waren. Ziel waren 16 Objekte in vier Bundesländern. Die Razzien folgen wenige Wochen nach einem Hamas und Samidoun Verbot.
Publiziert: 23.11.2023 um 15:40 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 16:27 Uhr
In Deutschland kam es am Donnerstag zu mehrere Razzien. Im Fokus standen Hamas und Samidoun.
Foto: keystone-sda.ch

Vor drei Wochen hat Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser die islamistische Hamas und das palästinensische Netzwerk Samidoun verboten – jetzt wurden Wohnungen mutmasslicher Anhänger in vier Bundesländern durchsucht.

Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, erstreckte sich die Razzia am Donnerstag auf 16 Objekte in Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Insgesamt waren demnach etwa 500 Einsatzkräfte beteiligt.

Erst Ankündigung, dann Verbot, jetzt Razzia

Faeser hatte am 2. November ein Betätigungsverbot für die Hamas und ein Vereinsverbot für den deutschen Ableger von Samidoun ausgesprochen. Angekündigt worden waren die Verbote bereits kurz nach dem terroristischen Angriff der Hamas in Israel vom 7. Oktober von Bundeskanzler Olaf Scholz, wohl um ein politisches Signal zu senden.

Normalerweise finden Razzien entweder vor oder zeitgleich mit der Verfügung eines Verbots statt – auch, damit Betroffene nicht die Gelegenheit erhalten, Beweismittel wegzuschaffen oder zu vernichten. Die Massnahmen seien nun zur Durchsetzung der Verbote und zur weiteren Aufklärung der verbotenen Strukturen dieser Gruppierungen von den zuständigen Verwaltungsgerichten angeordnet worden, hiess es.

350 Polizisten in Berlin

Nach Angaben einer Polizeisprecherin wurde in Berlin an elf Orten durchsucht, um Beweismittel und Vermögenswerte sicherzustellen. Rund 350 Polizistinnen und Polizisten waren in der Hauptstadt dafür unterwegs. In Nordrhein-Westfalen wurden laut dem dortigen Innenministerium jeweils Privatwohnungen in Münster und Bochum durchsucht. In Niedersachsen war dem Innenministerium zufolge eine Person im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Osnabrück das Ziel.

«Wir setzen unser konsequentes Vorgehen gegen radikale Islamisten fort», sagt Faeser. «Mit den Verboten von Hamas und Samidoun in Deutschland haben wir das klare Signal gesetzt, dass wir keinerlei Verherrlichung oder Unterstützung des barbarischen Terrors der Hamas gegen Israel dulden.» Die SPD-Politikerin sagt weitergehend: «Wir haben die islamistische Szene fest im Blick.» Islamisten und Antisemiten dürften sich in Deutschland «nirgendwo sicher fühlen».

450 Hamas-Mitglieder

Samidoun befürworte Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Ansichten und unterstütze Vereinigungen, die Anschläge androhen, heisst es seitens des Bundesinnenministeriums. Das Samidoun-Netzwerk steht der säkularen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) nahe. Öffentlich aufgefallen waren seine Anhänger, als nach dem Überfall der Hamas in Israel vom 7. Oktober im Berliner Stadtteil Neukölln Süssigkeiten auf der Strasse verteilt wurden, als Ausdruck der Freude über den Terrorangriff.

Der Hamas rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz in Deutschland etwa 450 Mitglieder zu. Die Hamas wird von der EU und den USA schon seit Jahren als Terrororganisation eingestuft, womit sie de facto in Deutschland schon vorher verboten war. Deren Aktivitäten umfassen den Erkenntnissen zufolge Sympathiebekundungen und Propagandaaktivitäten sowie das Eintreiben von Spenden.

Erhöhte Aktivitäten radikaler Islamisten

Im Gegensatz zu islamistischen Terrorgruppen wie Al Kaida oder Islamischer Staat (IS) verübt die Hamas keine Anschläge in westlichen Staaten. Terrorexperten befürchten allerdings, dass durch den Gaza-Krieg die Gefahr von Anschlägen durch Sympathisanten anderer Terrororganisationen und radikalisierte Einzeltäter steigt. Ein verstärktes Grundrauschen ist in diesen Kreisen nach Angaben aus Sicherheitskreisen jetzt schon feststellbar.

Die Betroffenheit vieler Muslime – ausgelöst durch Bilder von Verletzten und Todesopfern nach israelischen Angriffen im Gazastreifen – bietet für dschihadistische Gruppen zudem einen Anknüpfungspunkt für die Rekrutierung neuer Anhänger.

Lage war schon vorher angespannt

Die Zahl der vom Generalbundesanwalt neu eingeleiteten Terrorismus-Ermittlungsverfahren war schon vor der jüngsten Eskalation der Gewalt in Nahost wieder deutlich gestiegen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, wurden zwischen Anfang Januar 2023 und Ende September alleine 356 Ermittlungsverfahren mit Bezug zum islamistischen Terrorismus eingeleitet. Wie die Aufstellung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zeigt, ging es dabei meist um den Tatvorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatte der Generalbundesanwalt 183 solche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Gesamtjahr 2022 wiesen von den insgesamt 451 neuen Ermittlungsverfahren 236 einen Bezug zum islamistischen Terror auf. (SDA)

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