Rückzieher von Spitzenkandidatur
AfD-Petry pokert hoch

Das Wählerpotenzial der AfD schrumpft. Jetzt verliert die deutsche Rechtspartei auch noch ihr Gesicht. Was bezweckt Frauke Petry mit ihrem Verzicht auf eine Spitzenkandidatur?
Publiziert: 20.04.2017 um 16:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 04:50 Uhr

Die Co-Chefin der rechtspopulistischen deutschen AfD, Frauke Petry (41), ist hochschwanger und bekommt Anfang Sommer ihr Kind. Gestern verkündete Petry, sie stehe der Partei bei der Wahl des Bundestags im Herbst nicht als Spitzenkandidatin zur Verfügung. Weder als Einzelperson noch als Teil eines Teams. Beerdigt sie damit ihre politische Karriere? Ist dies gar der Todesstoss für die ganze Partei? 

Fest steht: Petry ist das Gesicht der AfD. Ihr Rückzieher bedeutet daher einen Rückschlag für die in einen Richtungsstreit verstrickte Partei. Gut möglich, dass Petry mit ihrem Verzicht auf eine Spitzenkandidatur keinen politischen Selbstmord begeht, sondern den internen Widersachern das Messer an den Hals setzen und ihre eigene Position sowie diejenige ihrer Partei auf lange Sicht stärken will. Schliesslich bleibt sie Co-Vorsitzende, und auch als Kandidatin für den Bundestag bleibt sie im Rennen – nur eben nicht als Spitzenkandidatin.

«Maximale Provokation weniger Repräsentanten»

Zur Begründung ihrer Absage sagte Petry, es sei ihr wichtig, dass die AfD drängende Sachfragen unabhängig von Personalfragen diskutiere. Petry beklagte in ihrer Videobotschaft, die AfD leide seit Herbst 2015 darunter, dass es keine gemeinsame Strategie gebe. «So ist das Aussenbild der AfD immer wieder durch die unabgestimmte – also für die Parteiführung völlig überraschende – maximale Provokation weniger Repräsentanten geprägt.»

Dies habe einen Teil der bürgerlichen Wähler verschreckt und dazu geführt, dass das Wählerpotenzial der AfD zuletzt deutlich geschrumpft sei. Während dieses im Herbst 2015 noch bei bis zu 30 Prozent gelegen habe, liege es aktuell nur noch bei 14 Prozent.

Spaltung würde Wahlchancen zunichte machen

Die erst 2013 gegründete Rechtspartei AfD ist in elf von 16 deutschen Länderparlamenten vertreten. Ihre besten Ergebnisse erzielte sie in Ostdeutschland, wo sie in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern voriges Jahr mit jeweils über 20 Prozent zweitstärkste Partei wurde. Sie hat auch gute Chancen, am 24. September in den Bundestag einzuziehen – sollte sie nicht vorher auseinanderbrechen.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland sieht nach Petrys Verzicht auf eine Spitzenkandidatur den Weg frei für noch radikalere und islamfeindlichere Kräfte in der Partei: Während Petry immerhin noch zu einem kritischen Dialog, beispielsweise mit dem Zentralrat der Muslime, bereit gewesen sei, hätten sich andere Kräfte aus der Parteiführung einem solchen komplett verweigert, sagte der Zentralratsvorsitzende Ayman Mazyek der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Kommts am Parteitag zum Eklat?

Petry will auf dem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Köln einen «Sachantrag zur politischen Ausrichtung der AfD» zur Abstimmung bringen. Darin wirbt sie für den «realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei», die in den kommenden Jahren in der Lage sein sollte, koalitionsfähig zu werden. Am Parteitag wird sich zeigen, ob Petry den rechtsnationalen Flügel mit ihrem Pokerspiel auf Linie bringen kann – oder die Partei in einem Eklat weiter auseinanderdriftet. (noo/SDA)

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