Tiktok muss Videos löschen
Warum Osama bin Laden plötzlich als Held gefeiert wird

Lange war er der meist gejagte Terrorist der Welt. Jetzt feiern junge Amerikaner ihn als Freiheitskämpfer. Osama bin Laden geht derzeit viral in sozialen Medien. Sein Hassbrief von 2002 an Amerika legitimiert antisemitische Ideologie. Jetzt schritt Tiktok ein.
Publiziert: 17.11.2023 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2023 um 09:59 Uhr
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Osama bin Laden gilt als der Drahtzieher hinter den 9/11-Attentaten.
Foto: Keystone
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Die USA und Verbündete versuchten, ihn und sein Gedankengut auszulöschen. Doch mehr als zwei Jahrzehnte nach den 9/11-Anschlägen bleibt der damalige Terrorführer Osama bin Laden (1957-2011) eine zentrale Figur der weltweiten Islamisten. Derzeit geht ein alter Brief von bin Laden viral. Insbesondere junge Amerikaner der um die Jahrtausendwende geborenen Generation Z scheinen begeistert. 

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 rechtfertigte bin Laden seinen Kampf mit Opfermythen und antisemitischem Hass in einem Schreiben «an das amerikanische Volk». Dies stösst offenbar besonders bei jungen Nutzern in den USA auf offene Ohren.

Tiktok entferne «aggressiv» Videos, die für den 2002 veröffentlichten Bin-Laden-Brief werben, musste die Plattform inzwischen erklären. Die Inhalte «verstossen eindeutig gegen unsere Regeln». Bin Ladens «Brief an Amerika» schlug bald auch auf X hohe Wellen, nachdem der Hashtag #lettertoamerica auf Tiktok mehr als 13,5 Millionen Aufrufe erzielte, bevor das Unternehmen die Suche danach blockierte.

Bin Ladens Auferstehung

Bin Laden nutzt in dem Schreiben krude antisemitische Stereotype. Im Mai 2011 in seinem pakistanischen Versteck von US-Navy Seals eliminiert und noch gleichentags im Arabischen Meer bestattet, erfährt der Al-Kaida-Gründer jetzt wegen des alten Briefs eine Wiederauferstehung.

US-Präsident Barack Obama (62) hegte damals die Hoffnung, den Anhängern ohne Grab von Bin Laden keine Pilgerstätte zu liefern. Doch Osama bin Ladens Rechtfertigung des Terrorismus gegen Amerikaner und den Westen findet in einer neuen Generation offenbar grosse Resonanz. Der lange Jahre meistgesuchte Mann der Welt wird zum Internetstar für Palästina.

Der republikanische US-Senator Marco Rubio (52) schrieb dazu auf X, dass die vielen Reaktionen Sympathien für Terroristen zeigen. Bitter meinte er, die vorab jungen Leute meinen «jetzt zu verstehen, dass Terrorismus eine legitime Methode des Widerstands gegen «Unterdrückung» ist und dass Amerika es verdient hat, am 11.9. angegriffen zu werden».

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Unverständnis für Trend

Der deutsche Militärhistoriker und Politikwissenschaftler Carlo Masala (55) schrieb zum Bin-Laden-Trend auf X: «Cool. In den USA entdeckt Generation Z Osama bin Laden. Stand nicht auf meiner Bullshitbingo-Karte.»

Ein User kommentierte dazu: «Dass die Generation Z plötzlich Osama bin Laden als Freiheitskämpfer feiert, wäre in meinen düstersten Träumen nicht vorgekommen.»

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 trafen die Städte New York und Washington. Selbstmordattentäter kaperten mehrere Flugzeuge und steuerten in die beiden Türme des World Trade Centers und ins Pentagon. Eine Maschine stürzte in Pennsylvania ab. Mehr als 2900 Menschen starben.

So lief die Bin-Laden-Mission ab
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Animation des Einsatzes:So lief die Bin-Laden-Mission ab
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