«The Punisher» – «der Bestrafer» – wird Rodrigo Duterte auch genannt. Und der 71-Jährige macht seinem Namen alle Ehre. In den knapp zwei Monaten seit seiner Ernennung zum Präsidenten der Philippinen wurden im Inselstaat über 1900 Menschen, die der Drogendelikte verdächtigt wurden, umgebracht. Das geht aus einem Bericht hervor, den der Chef der Nationalpolizei diese Woche im Senat präsentierte.
Über ein Drittel der Verdächtigen seien von der Polizei getötet worden, sagte Polizeichef Ronald dela Rosa. Die restlichen Opfer seien «ausserhalb von Polizeieinsätzen» ums Leben gekommen, viele von ihnen wohl durch Selbstjustiz, zu der Präsident Duterte die Bevölkerung allerdings explizit aufgefordert hatte. Die Todesfälle würden untersucht, sagte dela Rosa. Zudem sind laut Angaben der Polizei über 10'000 mutmassliche Drogendealer verhaftet worden.
Sein Wahlversprechen war das Töten
Durchschnittlich fast 40 Tote pro Tag: Es ist eine Zwischenbilanz ganz nach dem Geschmack von Präsident Duterte. Er hatte angekündigt, im Falle einer Wahl mit äusserster Härte gegen das Drogengeschäft und seine Profiteure vorzugehen.
Was das bedeutet, hatte der frisch gewählte Präsident bereits während seiner insgesamt über 20-jährigen Amtszeit als Bürgermeister von Davao City deutlich gemacht. Duterte rühmt sich damit, die Stadt zu einer der sichersten weltweit gemacht zu haben – dank seines schonungslosen Vorgehens gegen jegliche Kriminelle. Menschenrechtsorganisationen zufolge sollen zwischen 1998 und 2011 über 1500 Menschen von einer mutmasslich von Duterte unterstützten Bürgerwehr umgebracht oder entführt worden sein.
Vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte Duterte mit der Tötung von 100'000 Kriminellen um Stimmen geworben. Die Menschenrechte würden ihn nicht kümmern, beteuerte Duterte kürzlich. Zudem versprach er Polizisten, die im Dienst töteten, dass sie kein juristisches Nachspiel zu fürchten hätten: «Tun Sie Ihre Pflicht. Und wenn Sie 1000 Menschen umbringen, weil Sie eure Pflicht tun, dann werde ich Sie schützen», sagte er einen Tag nach seiner Amtseinsetzung an Polizeibeamte gerichtet.
Polizeichef rühmt «signifikanten Rückgang» der Kriminalität
Menschenrechtsorganisationen sind alarmiert. Amnesty International geht davon aus, dass es sich bei mehreren Fällen um aussergerichtliche Tötungen handeln könnte. Die Organisation fordert eine rasche und unabhängige Untersuchung der Todesfälle. Human Rights Watch hat Duterte in einem offenen Brief dazu aufgefordert, aussergerichtliche Tötungen öffentlich zu verurteilen und sich gegen Bürgerwehren auszusprechen.
Dass Duterte den Forderungen nachkommen wird, ist angesichts der jüngsten Entwicklungen allerdings unwahrscheinlich. Polizeichef dela Rosa rühmte sich damit, dass das harsche Vorgehens Duterte zu einem «signifikanten Rückgang» der Kriminalität geführt habe. So sei die Zahl der schweren Straftaten im vergangenen Monat um fast einen Drittel tiefer gewesen als in ebendiesem Monat vor einem Jahr. Was Duterte dabei allerdings verschwieg: Die Zahl von Morden und Tötungsdelikten stieg in diesem Zeitraum um über 50 Prozent. (lha)