Er schläft und arbeitet nur wenige Hundert Meter vom Weissen Haus entfernt. Robert Pantzer (54) lebt seit Sommer 2016 in Washington, D. C. – zum zweiten Mal. Der Schweizer erlebte bereits die letzten Monate der Ära Bill Clinton und die ersten Jahre von George W. Bush hautnah mit. «Eine viel ruhigere Zeit», sagt der Berner.
Es war ein kalter Januarmorgen 2017, der Washington veränderte. Trumps Amtseinführung war gefolgt von tagelangen Protesten. Pantzer wurde in jenen Wochen klar, dass es mit der Ruhe vorbei war. Trump verfolgt ihn seither. Der US-Präsident ist Thema beim Mittagessen genauso wie bei der Uber-Fahrt nach Hause.
Nur gesehen hat der Schweizer Trump noch nie: Der lässt sich im Gegensatz zu den Obamas und den Clintons nie blicken. Nicht beim Burger-Essen, nicht auf der Strasse. Zu gross, so mutmasst Pantzer, sei die Scheu vor hässlichen Szenen mit Demonstranten.
Trump getraut sich nicht in die Restaurants
«Man kann sagen: Donald Trump hat mein Leben hier in Washington verändert», sagt Pantzer. Vorbei sind die Zeiten, als die Menschen ungestört einen Kaffee beim Capitol Hill, dem grössten historischen Wohnviertel Washingtons, geniessen konnten. Dort kommt es auch jetzt noch, 21 Monate nach Trumps Inauguration, beinahe täglich zu Protestkundgebungen – sei es, um für Frauenrechte einzustehen, einen unliebsamen Richter zu verhindern oder gegen die Einwanderungspolitik des Präsidenten zu demonstrieren. «Das ist das neue Washington», meint Pantzer. Und präzisiert: «Nein, das neue Trump-Washington.»
Die Hauptstadt der USA ist eine Hochburg der Demokraten. Über 90 Prozent wollten 2016 Hillary Clinton als neue Präsidentin, Trump erhielt gerade mal 4,1 Prozent der Stimmen. Er ist in der Hauptstadt historisch unbeliebt: Kein anderer Präsident erreichte einen niedrigeren Wähleranteil. Auch Pantzer hätte für Clinton gestimmt, wenn er US-Staatsbürger wäre. «Ich bin ein riesiger Hillary-Fan. Sie hätte die notwendige politische Erfahrung mitgebracht, im Gegensatz zu Trump.»
«Eine Unsicherheit im Arbeitsalltag»
Auch auf den Arbeitsalltag des 54-jährigen Schweizers hat Trump Einfluss. Pantzer arbeitet für die Interamerikanische Entwicklungsbank (IADB), den grössten multilateralen Kreditgeber für Lateinamerika und die Karibik. Die Schweiz gehört zu einem der Geberländer. Die USA sind mit 35 Prozent der grösste Aktionär der IADB und bestimmen jeweils den geschäftsführenden Vizepräsidenten.
Die Trump-Regierung lässt sich mit der Ernennung aber Zeit – bereits sind eineinhalb Jahre verstrichen. «Eine Unsicherheit im Arbeitsalltag», wie Pantzer sagt. Seine Befürchtung: Trump installiert einen Republikaner, der die Gelder statt für Sozial- und Umweltprobleme getreu seiner Agenda ausgibt. Zum Beispiel für den Bau der geplanten Mauer an der mexikanischen Grenze. Eine Horrorvorstellung für viele in der Bank.
Doch auch wenn Trump seinen Alltag umgekrempelt hat: Robert Pantzer gefällt es in Washington. «Hier kommen viele Kulturen zusammen.» In die Schweiz will er vorderhand nicht zurückkehren, auch wenn er die politisch «gepflegten Debatten» vermisse. «Ich bin gerne hier.» Auch mit Donald Trump in seiner Nachbarschaft.