Ausgerechnet der sonst so überkorrekte Jacob Rees-Mogg (50) lässt alle Anstandsregeln fallen: Während der langen Brexit-Debatte am Dienstagabend lehnt sich der Vorsitzende des Unterhauses offenbar gelangweilt auf der Abgeordnetenbank zurück – und schläft ein. So sieht es zumindest auf den Fotos aus, die kurz nach der Debatte kursieren.
Ein deutliches Signal des Brexit-Hardliners an die Tory-Rebellen, die einen harten EU-Ausstieg unbedingt verhindern wollen? Sein Verhalten blieb auf jeden Fall nicht unbemerkt. «Sit up!» («Setzen Sie sich richtig hin!»), riefen Abgeordnete der Opposition. Die Grüne Caroline Lucas (58) griff den Parlamentsminister vor versammeltem Haus scharf an: Er breite sich «verächtlich» auf drei Plätzen aus, «als wäre ihm sehr langweilig».
«Arroganz, Anspruchshaltung, Respektlosigkeit»
Das hätte eigentlich nicht der Fall sein dürfen. Während der dramatischen Stunden im Parlament verlor die Regierung, der Rees-Mogg angehört, ihre hauchdünne Mehrheit. Die Gegner eines ungeordneten EU-Austritts stimmten am Dienstagabend für einen Beschluss, der den Weg für ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit ebnet. Bereits am Mittwoch soll der Entwurf durchs Unterhaus gepeitscht werden.
Dass der Parlamentsminister sich während der Parlamentsdebatte gemütlich auf der Abgeordnetenbank ausbreitete, werten viele seiner Kollegen als Affront. Die Labour-Abgeordnete Anna Turley (40) twitterte als Erste ein Foto des fläzenden Unterhaus-Vorsitzenden. «Die physische Verkörperung von Arroganz, Anspruchshaltung, Respektlosigkeit und Verachtung für unser Parlament», schrieb sie dazu.
Twitter-Nutzer machen sich über den schlafenden Minister lustig
Dass sich ausgerechnet der sonst extrem auf Etikette bedachte Brexit-Turbo auf der Abgeordnetenbank fläzt und offenbar ein Nickerchen hält, sorgt im Netz gleichermassen für Kritik wie Belustigung. «Wach auf, es wird abgestimmt», schreibt ein Nutzer. Ein anderer erkennt in der Position des schlafenden Parlamentsministers gar den Währungskurs des schwachen Britischen Pfunds.
Kabinettsmitglied Jacob Rees-Mogg war jahrelang nur eine Randfigur, erst in der Brexit-Debatte machte er Karriere: Er stiess die Misstrauensabstimmung gegen Theresa May an. Boris Johnson beförderte den Hinterbänkler zum Parlamentsminister. Rees-Mogg – Katholik, sechsfacher Vater und Multimillionär – ist für exzentrisches Verhalten berüchtigt. Wegen seines Faibles für veraltete Sprache und zweireihige Anzüge nennt man den Traditionalisten auch «Abgeordneter für das 18. Jahrhundert». Seine erste Amtshandlung als Regierungsmitglied: ein Leitfaden mit veralteten Sprachvorschriften. (kin)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
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