Gemischte Gefühle in Sachsen und in Brandenburg. In den beiden ostdeutschen Bundesländern, die sich mit der Region Lausitz ein Braunkohlegebiet teilen, hat die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) bei den Landtagswahlen am Sonntag Rekordergebnisse eingefahren – und ist trotzdem nur zweitstärkste Kraft.
Laut vorläufigem Ergebnis kam die AfD in Sachsen hinter Ministerpräsident Michael Kretschmer (44) und seiner CDU (32,1 Prozent) auf 27,5 Prozent. In Brandenburg fiel die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke (57) laut Hochrechnungen auf 26,2 Prozent, die AfD holte mit ihrem radikal rechten Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz (46) 23,5 Prozent.
BLICK analysiert die neun wichtigsten Erkenntnisse:
1. GroKo-Parteien sind die grossen Verlierer
Herbe Verluste für die Regierungsparteien. In Sachsen, dem wirtschaftsstärksten ostdeutschen Bundesland, ist das besonders deutlich: Die CDU fährt hier ihr schlechtestes Ergebnis seit 1990 ein, die mitregierende SPD mit 7,7 Prozent sogar ihr schlechtestes bei einer Landtagswahl bundesweit.
2. AfD stärker als in Umfragen erwartet
Die Rechtspopulisten sahnen besonders in Sachsen ab: Es ist ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Eine Chance auf Regierung haben sie trotzdem nicht. In Brandenburg haben alle Parteien eine Koalition ausgeschlossen.
3. Formfehler kostet AfD in Sachsen die Macht
Weil die Rechtspopulisten zwei Parteitage durchgeführt und Listenplätze im Block vergeben haben, wurden ihre Sitze im sächsischen Landtag auf 30 Plätze gedeckelt – obwohl ihr Stimmenanteil aktuell deutlich mehr zuliesse. Sachsens AfD-Chef Jörg Urban (55) fordert darum eine Neuwahl.
4. Kein Greta-Effekt
Zwar gewinnen die Grünen in beiden Ländern an Stimmen, doch der Bundeshype ist offenbar abgeebbt. Zweistellig sind sie mit 10,8 Prozent nur in Brandenburg.
5. Sachsen-CDU rettet sich auf letzten Metern
«So viele Würstchen hat noch nie ein Politiker gegrillt», bescheinigt Thomas Platz von der Landeszentrale für politische Bildung dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Der vergleichsweise junge Landesvater führte einen engagierten Wahlkampf, besuchte alle 60 Wahlkreise.
6. Regierungsbildung wird schwierig
In Brandenburg könnte sich die SPD am Stadtstaat Berlin ein Beispiel nehmen und mit der Linken und den Grünen regieren. In Sachsen könnte es für eine Wiederauflage der GroKo oder Schwarz-Grün reichen – Letzteres birgt wegen inhaltlicher Streitigkeiten beispielsweise zur Zukunft der Braunkohle Konfliktpotenzial.
7. Merkel drohen Neuwahlen
Zerfällt die GroKo in Berlin? Das historisch schlechte Ergebnis der SPD in Sachsen könnte den Ausschlag geben. Bei einer Neuwahl würde Angela Merkel (65) nicht mehr antreten.
8. AfD bleibt Protestpartei
Die Rechtspopulisten verdanken ihre Traumergebnisse vor allem Jungen und Nichtwählern. Umfragen am Wahltag zeigen: Die wenigsten machen aus Überzeugung ihr Kreuz. Mehr als die Hälfte wählte die AfD aus Protest gegen alle anderen Parteien.
9. Hohe Wahlbeteiligung schadet Liberalen
In beiden Ländern kommt die FDP nicht auf die nötigen 5 Prozent und verpasst damit den Einzug ins Landesparlament. Neu mobilisierte Wähler stimmen vor allem für die AfD oder die Regierungsparteien.