Reise ohne Rückkehr
Dieser Bus fährt direkt zum IS

Ein Bus fährt Menschen aus dem Libanon direkt in die IS-Hauptstadt Rakka. Wer einsteigt, trifft eine folgenschwere Entscheidung – ein Rückfahrtticket gibt es nicht.
Publiziert: 29.01.2016 um 20:55 Uhr
|
Aktualisiert: 10.09.2018 um 13:10 Uhr
Lädierte Frontscheibe: Nicht selten wird der Bus auf dem Weg nach Rakka von Heckenschützen ins Visier genommen.
Foto: Screenshot CNN

Sie drücken noch schnell die Zigarette aus, dann steigen sie ein. Es wird wohl die letzte ihres Lebens sein. Denn wo diese Menschen hinwollen, werden Laster dieser Art nicht geduldet. Wer gegen das eiserne Diktat verstösst, dem droht die Peitsche oder – schlimmstenfalls – der Tod.

Kontakte, Fotos und die Lieblingslieder werden während der Fahrt von den Handys gelöscht – auch die sind am Zielort verboten. Willkommen im Bus von Beirut nach Rakka.

Viele Jahre wird die Strecke schon befahren, doch seit die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) Rakka Mitte 2013 zur Hauptstadt ihres Kalifats erklärte, ist nichts mehr wie es einmal war.

Wer in diesen Bus steigt, weiss, worauf er sich einlässt. Für Frauen gelten strenge Kleidervorschriften. Zudem müssen sie stets «in Begleitung eines männlichen Verwandten sein», wie der Reise-Organisator gegenüber CNN verrät. Männer müssen ihre Bärte wachsen lassen und dürfen keine zu engen oder zu kurzen Hosen tragen. 

Fast 24 Stunden dauert die Reise, die von Beirut zunächst in die syrische Hauptstadt Damaskus und auf IS-Gebiet schliesslich über Palmyra nach Rakka führt. Und sie ist voller Gefahren: «Ein Kampfjet könnte eine Bombe in der Nähe des Busses fallen lassen. Das ist normal», sagt der Reise-Organisator, der selbst noch nie im Bus gesessen hat.

Auch komme es vor, dass die Fahrzeuge von einem Heckenschützen ins Visier genommen werden. In solchen Fällen versuche der Fahrer aber, unbeirrt weiterzufahren – zu gefährlich wäre ein Zwischenhalt. «Die Passagiere kriegen Panik. Denn niemand weiss, woher der Schuss kam.»

Nichtsdestotrotz bezahlen manche Menschen zuweilen viel Geld, um sich eines der begehrten Tickets zu ergattern. Ob sie je lebend zurückkommen, ist ungewiss: Während der Bus auf dem Weg nach Syrien meist ausverkauft ist, kehrt er in der Regel komplett leer in den Libanon zurück. Denn wer sich in die Fänge des IS begibt, für den gibt es so gut wie keinen Weg zurück. (gr)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?