«Ich werde jetzt mit dem Typ verglichen, der Aids nach Afrika gebracht oder die Finanzkrise ausgelöst hat», sagte der französische Regisseur Frédéric Auburtin dem «Hollywood Reporter». «Mein Name steht jetzt für diesen Mist und es scheint, als sei ich ein Propaganda-Typ, der Filme für korrupte Leute macht.»
Der Film, dessen Produktion mehr als 30 Millionen Dollar kostete, wurde hauptsächlich von der Fifa finanziert und erschien in Frankreich bereits während der WM im vergangenen Jahr - auf DVD. In den USA und anderen Ländern hatte er Anfang Juni die Kinos erreicht. Doch so gut wie niemand will den Streifen sehen: Nur 918 Dollar spielte der Film in den USA am ersten Wochenende ein - so wenig wie kein anderer Film in diesem Jahr.
«Wollte Mischung aus Disney-Propaganda und Michael Moore-Doku»
Das Desaster hatte sich jedoch schon vor seiner Uraufführung im vergangenen Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes abgezeichnet. Aubertin berichtet, das Projekt habe von Anfang unter Druck gestanden. Die Fifa wollte, dass der Film rechtzeitig zur WM 2014 fertig würde. Deshalb habe sein Team nur vier Monate statt eines Jahres für die Entwicklung des Drehbuches gehabt.
Dennoch habe die ursprüngliche Version nicht mit Kritik am Fussball-Weltverband gespart. Die Hauptfigur des Films hätte ursprünglich ein Journalist sein sollen, der die mehr als 100 Jahre der Fifa-Geschichte rekonstruiert und dabei auch viele dunkle Kapitel entdeckt. Auburtin habe eine Mischung aus Disney-Propaganda und Michael Moore-Doku vorgeschwebt.
Fifa kaufte sich im letzten Moment an die Macht
Dass er überhaupt mitmachte, sei seinem Freund Gérard Depardieu zu verdanken. Der habe ihn angerufen und um seine Mitarbeit gebeten. Auch die beiden französischen Produzentinnen des Films hätten eigentlich einen erstklassigen Ruf. Er habe zwar auch eine Familie zu ernähren, räumt Aubertin ein. Der Lohn für seine Arbeit habe sich aber im üblichen Rahmen bewegt, betont er. Eine goldene Uhr oder WM-Tickets habe er nicht bekommen.
Allen anfänglichen Bemühungen zum Trotz war der Schaden bald nicht mehr abzuwenden. Weil zu Beginn der Dreharbeiten noch immer nicht genügend Geld zur Vefügung stand, habe die Fifa im letzten Moment ihren Anteil verdoppelt - und damit die Oberhoheit über das Projekt erhalten. «Man muss gegenüber dem Geldgeber loyal sein, es sei denn, du bist Jean-Luc Goddard oder Quentin Tarantino», bedauert der 53-Jährige.
«Ich bin ein Opfer des Spiels»
Nach allen Änderungen, die die Fifa wünschte, sei der Film eindeutig Fifa-freundlich ausgefallen, räumt Aubertin ein. Allerdings hätten einige subtile Anspielungen auf Missverhältnisse im Verband die Zensur überstanden. Es liege am Zuschauer, sie zu erkennen.
Ihm nun einen «Propaganda»-Vorwurf zu machen, findet Aubertin nicht gerechtfertigt. Er habe seine Arbeit getan, die im Grunde kaum anders verlaufen sei, als wenn er für ein grosses Filmstudio gearbeitet hätte. «Ich bin ein Opfer des Spiels. Es ist ein Desaster, ich habe den Job angenommen. Aber ich wurde nicht bezahlt, um der Che Guevara des Sportgeschäfts zu sein.»
Regisseur plant Doku-Reihe über Fifa-Skandale
Dafür, dass die Fifa so verkommen ist, möchte er nicht verantwortlich gemacht werden. Auch nicht für die niederschmetternden Kritiken und das Desaster an den Kinokassen. Das sei im Übrigen auch darauf zurück zu führen, dass es im Vorfeld der Veröffentlichung keinerlei Marketing gab. Für einen Film mit diesem Budget seien normalerweise PR-Ausgaben von fünf bis zehn Millionen Dollar üblich. Dass «nicht einmal 20'000 Dollar» ausgegeben wurden, sei ihm unverständlich, klagt Aubertin. Zumal Fifa-Boss Blatter von «United Passion» «sehr berührt und zufrieden» gewesen sei.
Nun möchte Aubertin das Werk und die Fifa einfach nur hinter sich lassen. Er könne sich aber vorstellen, später eine Doku-Serie über die aktuellen Fifa-Skandale zu drehen. Er habe genug Material, um vier komplette Staffeln einer Detektiv-Show zu produzieren.
Ende Mai hatte schon Blatter-Darsteller Tim Roth gesagt, er bereue, die Rolle angenommen zu haben und sich entschuldigt: «Ich habe den Regisseur nicht angezweifelt. Ich habe das Drehbuch nicht angezweifelt. Das ist eine Arbeit, für die mein Vater im Grab rotieren würde», sagte er der «Welt». (pom)