Video löst politisches Erdbeben in Österreich aus
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Wegen Skandal-Video:Nach Video und Straches Rücktritt folgen Neuwahlen

Regierungskrise in Österreich nach Ibiza-Skandalvideo
Eine kurze Amtszeit

Die Ibiza-Affäre hat HC Strache zu Fall gebracht, freuen darf sich hingegen Sebastian Kurz. Der Bundeskanzler dürfte aus Neuwahlen als Gewinner hervorgehen.
Publiziert: 18.05.2019 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2019 um 14:37 Uhr
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Sascha Wandl hat am Mittwochabend über den Ösi-Skandal ausgepackt.
Fabienne Kinzelmann

Nach nicht einmal anderthalb Jahren musste Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gestern die Koalition mit seinen rechtsextremen Partnern von der FPÖ für gescheitert erklären. Auslöser war der sogenannte Ibiza-Skandal um Sportminister und Vizekanzler HC Strache, der sich im Wahlkampf 2017 bei einem arrangierten Korruptionsversuch mit versteckter Kamera hatte filmen lassen. Er habe «viel aushalten» und «in Kauf nehmen müssen», sagte Kanzler Kurz nach längerer Bedenkzeit am Samstagabend. Die FPÖ schade dem «Reformprojekt» und dem «Ansehen des Landes».

Bereits am Mittag war Strache zurückgetreten – mit feuchten Augen. Der Rechtspopulist drückte auch beim Publikum mächtig auf die Tränendrüse: Er sehe sich als Opfer eines «gezielten politischen Attentats» und einer «geheimdienstlich inszenierten Lockfalle». Für dieses Verhalten entschuldigte er sich vor allem bei seiner Frau Philippa. Er habe sich unter Alkohol setzen und in «intimer Atmosophäre» zu «Machogehabe» verleiten lassen. FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus, der in dem auf Ibiza gedrehten Skandal-Video mit seinem Parteivorsitzenden zu sehen war, legte ebenfalls sämtliche Ämter nieder – wie Strache auch die in der FPÖ.

Verdächtiges weisses Pulver

Der Inhalt des Videos, das die beiden in Erklärungsnot brachte, ist deutlich brisanter, als Strache bei seinem Rücktritt glauben machen wollte. Es zeigt ihn und seinen politischen Ziehsohn Gudenus beim Treffen mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen, die sich «Aljona Makarowa» nannte, in einer Villa auf Ibiza. Das Treffen fand am 24. Juli 2017 statt, nur einige Monate vor den Nationalratswahlen in Österreich. Vor Strache stehen jede Menge Gläser, auf dem Glastisch ist eine Linie aus weissem Pulver zu sehen, die verdächtig nach Kokain aussieht.

Strache war zu diesem Zeitpunkt zwar noch kein Amtsträger, die Regierungsbeteiligung aber bereits in greifbarer Nähe. Er verspricht der angeblichen Milliardärs-Nichte staatliche Aufträge. Gudenus lässt er übersetzen: «Wenn sie die ‘Kronen Zeitung’ übernimmt drei Wochen vor der Wahl und uns auf Platz eins bringt, können wir über alles reden.»

Was weiss Satiriker Böhmermann?

Dann wird es noch pikanter. Der Vizekanzler plaudert über illegale Parteispenden in Millionenhöhe. Bekannte österreichische Investoren sollen 500’000 dafür bis zwei Millionen Euro an den Aufsichtsbehörden vorbeigeschleust haben. Im Video erklärt Strache, das Geld gehe nicht direkt an die FPÖ: «Der Verein ist gemeinnützig, der hat auch nichts mit der Partei zu tun. Dadurch hast du keine Meldungen an den Rechnungshof.»

Veröffentlicht wurden die Aufnahmen am Freitagabend vom «Spiegel» und der «Süddeutschen Zeitung». Insgesamt sollen den Redakteuren sechs Stunden Material vorliegen. Woher die Szenen stammen, ist unklar. Den Redakteuren wurden sie unter grössten Vorsichtsmassnahmen zugespielt. Der Satiriker Jan Böhmermann kannte den Inhalt offenbar vor der Veröffentlichung, stellte HC Strache aber nach bisherigen Erkenntnissen nicht die Videofalle, in die der Parteiführer mit vollem Einsatz getappt war.

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Heinz-Christian Strache (49): Der Rechtspopulist ist die Seele der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und wurde Ende 2017 Vizekanzler. Auch eine mögliche Nähe zu Neonazi- Gruppen stoppte den gelernten Zahntechniker bis zum Videoskandal nicht.
Foto: Keystone

Das Video demonstriert in brutaler Deutlichkeit, was in den Köpfen von Österreichs Rechtspopulisten vor sich geht. Strache war lange bemüht, sich als Saubermann darzustellen. Eher macht-, als alkoholbesoffen erklärt er im Ibiza-Skandalvideo, wie er mit der Hilfe der vermeintlichen Russin unliebsame Journalisten austauschen und die FPÖ nach vorne bringen will. Die Aushöhlung der Presse- und Meinungsfreiheit schien ihm dabei ein probates Mittel.

Ein anonymer Twitter-User namens «kurzschluss14» veröffentlichte am Samstagnachmittag einen weiteren, noch nicht verifizierten Videoclip des brisanten Treffens. Darin berichtet Strache über angebliche «Sex-Orgien» von Sebastian Kurz, die in «Drogen-Hinterzimmern» stattgefunden hätten. Es könnte sich dabei allerdings lediglich um jene Gerüchte handeln, für die sich Strache bei seinem Rücktritt entschuldigte. Dem Kanzler schaden dürften sie wohl eher nicht.

ÖVP als Gewinnerin

Es ist die vierte vorgezogene Parlamentswahl in Österreich binnen 20 Jahren. Zweimal war die FPÖ an der Regierung beteiligt, zweimal wurde das Parlament aufgelöst. Bei den nun anstehenden Neuwahlen dürfte die Kurz-Partei ÖVP als grosse Gewinnerin vom Platz gehen – sofern es dem Kanzler gelingt, mit seiner Flucht nach den «Schüssel-Coup» von 2002 zu wiederholen. Damals sprengte ein interner politischer Aufstand die FPÖ, Kanzler Wolfgang Schüssel wagte die Neuwahlen. Und jagte dem rechten Koalitionspartner damit viele Stimmen ab – seine ÖVP legte von 27 auf 42 Prozent zu, die FPÖ fiel von 27 auf 10 Punkte.

Ob Kurz dieses Kunststück wiederholen kann, könnte sich bereits am kommenden Sonntag andeuten. Dann findet auch in Österreich die Europawahl statt. Vorgezogene Nationalratswahlen wären rechtlich schon im Juli möglich. Ein Urnengang mitten in den Sommerferien gilt aber als unwahrscheinlich. Realistischer ist ein Termin im September oder Oktober.

Was wusste Jan Böhmermann?

Mindestens zweimal machte der deutsche Satiriker Jan Böhmermann (38) vorab Andeutungen zum Inhalt des Skandalvideos. Am Donnerstagabend sagte er in seiner Sendung «Neo Magazin Royale»: «Kann sein, dass morgen Österreich brennt.» Noch expliziter war er bei der Verleihung des österreichischen TV-Preises Romy im April.

In einer Videobotschaft sagte er, er könne den Preis nicht persönlich abholen, «weil ich gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza rumhänge». Böhmermann ist für aufsehenerregende Aktionen bekannt. Hinter der Videofalle auf Ibiza steckt er aber laut seinem Manager Peter Burtz sowie dem SZ-Investigativjournalisten Frederik Obermaier nicht.

Mindestens zweimal machte der deutsche Satiriker Jan Böhmermann (38) vorab Andeutungen zum Inhalt des Skandalvideos. Am Donnerstagabend sagte er in seiner Sendung «Neo Magazin Royale»: «Kann sein, dass morgen Österreich brennt.» Noch expliziter war er bei der Verleihung des österreichischen TV-Preises Romy im April.

In einer Videobotschaft sagte er, er könne den Preis nicht persönlich abholen, «weil ich gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza rumhänge». Böhmermann ist für aufsehenerregende Aktionen bekannt. Hinter der Videofalle auf Ibiza steckt er aber laut seinem Manager Peter Burtz sowie dem SZ-Investigativjournalisten Frederik Obermaier nicht.

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