Die Migrationspakt-Gegner machen vorwärts. Die Initiative «Migrationspakt stoppen» will, dass nach Österreich auch die Schweiz und Deutschland die 23 Ziele «für eine sichere, geordnete und reguläre Migration» ablehnen.
Auf ihrer Webseite hetzen die Initianten gegen die Uno-Botschafter Jürg Lauber (Schweiz) und Christoph Heusgen (Deutschland), die vermeintlich für ihre Länder den Pakt unterschreiben sollen. «Niemand hat diese Herren je gewählt», schreiben die Initianten. «Wir wollen die Namen und Gesichter der Herren bekannt machen. Sie sollen sich der öffentlichen Debatte und Kritik stellen.»
Ein rechter Österreicher will die Botschafter stoppen
Hinter der Kampagne steht der Österreicher Martin Sellner. Der 29-jährige Philosophiestudent sieht sich als «politischer Aktivist». Tatsächlich gehört er längst zu den führenden Köpfen der rechtsextremen identitären Bewegung, hat enge Verbindungen zur AfD, Pegida und der amerikanischen Alt-Right-Bewegung.
Auf Youtube macht er Stimmung gegen Flüchtlinge. Die österreichischen Behörden ermitteln gegen ihn wegen des Verdachts auf Verhetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Doch das hält Sellner nicht davon ab, weiterzumachen. Sein neuster Coup: Eine Petition gegen das internationale Migrationsabkommen an die Botschafter Lauber und Heusgen.
Die Pakt-Gegner um Sellner veröffentlichen von den Diplomaten längst nicht nur Fotos und persönliche Daten. In einschlägigen Foren kursiert der Link zu einem kompletten Online-Ordner mit vorbereiteten Materialien: Flyer, Memes und Arbeitsunterlagen. Anti-Migrationspakt-Propaganda, grafisch aufbereitet zum Teilen in den sozialen Netzwerken. Darunter auch Plakate mit den Konterfeis der vermeintlichen Unterzeichner Heusgen und Lauber.
Dumm gelaufen: In der Schweiz haben Sellner und seine Unterstützer den falschen Sündenbock erwischt. Jürg Lauber ist zwar Chef der Mission der Schweiz bei der Uno in New York, hat beim Abkommen jedoch nur als «Co-Facilitator» mitgewirkt. Er war eher der «Ermöglicher» der Gespräche, brachte Menschen zum Gespräch an einen Tisch. Für die Schweiz verhandelt hat hingegen Botschafter Pietro Mona (BLICK berichtete). «Es gibt deswegen keinen Grund, warum der Co-Facilitator auf der Webseite angegriffen werden sollte», heisst es beim EDA.
Die Attacken treffen die Falschen
Auch das Auswärtige Amt in Deutschland hat Kenntnis von der rechten Kampagne gegen ihren Botschafter und betont, dass sich die deutsche Delegation, die den Migrationspakt verhandelt hat, aus verschiedenen Vertretern der Bundesregierung sowie der Ständigen Vertretung New York zusammensetze. Letztere wiederum wird von Christoph Heusgen geleitet.
Der Globale Pakt ist eine internationale, völkerrechtlich nicht bindende Vereinbarung. Gegner kritisieren vor allem, dass der Pakt Migration beschönigt und die Pressefreiheit einschränkt. Offene Grenzen bedeutet der Pakt jedoch nicht.
Das Abkommen soll am 10./11. Dezember 2018 auf einer Gipfelkonferenz in Marrakesch (Marokko) im Konsens oder durch Abstimmung angenommen werden. Entsenden dürfen die beteiligten Länder dafür, wen sie möchten – für Deutschland könnte auch die Bundeskanzlerin persönlich teilnehmen. Nach der Annahme wird der Text dann an die Generalversammlung der Vereinten Nationen übermittelt, wo er im Januar 2019 in einer kurzen Resolution förmlich angenommen werden könnte.
Dass die Initianten fordern, dass die zuständigen Botschafter ihre Unterschrift unter dem Abkommen verweigern, verwundert die Behörden in beiden Ländern. Schliesslich ist eine Unterzeichnung bei einem nicht-verbindlichen Abkommen wie dem Migrationspakt gar nicht vorgesehen.