Die Schweiz hat es der rechtspopulistischen Partei AfD angetan. Aber Frauke Petry (41) und ihre Anhänger bewundern nicht etwa die schöne Landschaft und die gute Bergluft, sondern vor allem das politische System. Das betonte Spitzenkandidat Leif-Erik Holm (46) auch gestern wieder: «Wir wollen mehr Demokratie. Mehr Bürgerbeteiligung nach Schweizer Vorbild. Wir wollen die Hürden für Volksentscheide senken», sagte der Politiker, nachdem er mit seiner Partei in Mecklenburg-Vorpommern 20,8 Prozent der Stimmen eingefahren und damit die CDU (19 Prozent) auf Platz drei verdrängt hatte.
Nicht jeder Entscheid gefällt allen Seiten
Das Volk soll entscheiden – doch so einfach, wie die AfD sich das vorstellt, ist es nicht. Denn: Geht es nach Petry und Co, sollen die Bürger über Themen wie Asylbewerber oder Ausländer abstimmen. Genau die Themen, bei denen sie sich einen grossen Zuspruch versprechen. Aber: «Es gibt keine direkte Demokratie à la carte», stellt Politologe Georg Lutz klar. Auch Themen, die der AfD nicht passen, würden beim Schweizer Modell an die Urne kommen. «Es wird immer Entscheide geben, die nicht allen Seiten gefallen», sagt der Experte.
Rosinen picken gilt nicht – die Abstimmungen sind immer bindend. «Auch die, die der AfD nicht passen würden.» Dass die SVP in dieser Hinsicht konsequent ist, hat sie das letzte Mal vor einem halben Jahr bewiesen. Nach dem Nein zur Durchsetzungsinitiative akzeptierte die Partei die Entscheidung der Bevölkerung, anstatt direkt eine nächste Abstimmung anzukündigen. Das traut der Politologe der AfD nicht zu: «Das, was die AfD macht, riecht sehr nach Populismus.»
Auch andere Parteien profitieren
Zudem gebe es auch immer wieder Initiativen, die sich nicht mit Ausländern oder Asylbewerbern befassen. «Grüne Wirtschaft, die Zweitwohnungs- oder AHVplus-Initiative wären wohl Themen, die die AfD nicht an die Urne bringen würde. «Aber auch andere Parteien profitieren von der direkten Demokratie», sagt Lutz.
Dass die AfD ihr Konzept nach Schweizer Vorbild aber tatsächlich durchziehen würde, glaube der Experte nicht: «Die Opposition ist immer für Veränderungen. Aber wenn man dann selbst die Mehrheit hat, dann ist man plötzlich still.»