Rechercheteam deckt Machenschaften auf
«Schatten-Diplomaten» weltweit in Verbrechen involviert

Hunderte Schatten-Diplomaten wie zum Beispiel Honorarkonsuln sind gemäss einer internationalen Medienrecherche weltweit an kriminellen oder zumindest problematischen Machenschaften beteiligt gewesen. Auch in der Schweiz soll es einige Fälle geben.
Publiziert: 15.11.2022 um 07:11 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2022 um 07:37 Uhr
Der Zürcher Kunstsammler Urs E. Schwarzenbach vertritt als Honorarkonsul die Interessen der Mongolei in der Deutschschweiz. (Archivbild)
Foto: WALTER BIERI

Angestossen hat die Recherche laut dem «Tages-Anzeiger» das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und die US-Rechercheplattform ProPublica. An dem Projekt «Shadow Diplomats» beteiligten sich demnach fast 60 Medien in 46 Ländern. Für die Schweiz war das Recherchedesk von Tamedia beteiligt, wie der «Tages-Anzeiger» am Montagabend publik gemacht hat.

Gemeinsam wurden demnach mehr als 500 gegenwärtige oder frühere Honorarkonsuln identifiziert, die in Kriminalfälle, Skandale oder behördliche Ermittlungen verwickelt waren oder sind, darunter verurteilte Drogen- und Waffenhändler sowie Sexualstraftäter.

Ein ehemaliger Honorarkonsul Italiens in Ägypten soll etwa versucht haben, wertvolle Kunstgegenstände wie Mumienmasken ausser Landes zu bringen, und sei dafür - in Abwesenheit - zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Problematisch ist laut dem Bericht vor allem, dass die ehrenamtlichen Diplomaten Privilegien geniessen, aber nur unzureichend kontrolliert werden. Honorarkonsuln sollen unter anderem Länder unterstützen, die es sich selbst nicht leisten können, hauptberufliche Diplomaten ins Ausland zu senden.

In der Schweiz wirft laut «Tages-Anzeiger» ein Fall Fragen auf, der die Beziehungen Schweiz - Mongolei betrifft. Die Mongolei habe eine eigene Botschaft in Genf. Und sie beehre einen prominenten Vertreter in Zürich mit dem Posten des Honorarkonsuls, nämlich Urs E. Schwarzenbach, Kunstsammler und Mitbesitzer des Hotels Dolder Grand.

Schwarzenbach ist seit 2010 mongolischer Honorarkonsul. In die Schlagzeilen geriet er jüngst, als er drei wertvolle Kunstwerke unverzollt einführen wollte. Es kam zu Hausdurchsuchungen. Später kamen weitere Gemälde und Skulpturen hinzu, für die er ebenfalls keine Abgaben entrichtet hatte. Er musste knapp 200 Millionen Franken an Gebühren nachzahlen.

Zurzeit sind in der Schweiz 126 Honorarkonsuln von ausländischen Staaten akkreditiert. Besonders häufig sind es Anwälte und Treuhänder, Finanzberater oder Bankiers. Weiter auffällig: Etliche der in der Finanzbranche tätigen Honorarkonsuln waren auch in teils umfangreiche Geschäfte mit Offshore-Firmen involviert, die selbst Experten des Bundes als besonderes Risiko einstufen.

Oft üben in westlichen Ländern Menschen mit langer Berufserfahrung zum Beispiel in Wirtschaft oder Politik diese ehrenamtliche Funktion aus. Sie pflegen zum Beispiel Kontakte in das andere Land und beglaubigen Dokumente. Laut der Recherche gibt es aber zahlreiche schwarze Schafe, die die Privilegien etwa bei Reisen gezielt ausnutzen - und die Titel seien zum Teil sogar käuflich.

Der Recherche zufolge verschickte die deutsche Regierung seit 2020 fünf sogenannte Verbalnoten, um andere Länder über strafrechtliche Ermittlungen gegen deren Honorarkonsuln zu informieren. Auch Deutschland wird im Ausland von vielen Honorarkonsuln vertreten - oft in kleineren Städten oder Regionen, in denen es keine Botschaften oder Konsulate gibt.

(SDA)

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