In Syrien ist nach Angaben eines ranghohen Militärvertreters eine Einigung über den Abzug von Rebellenkämpfern aus Aleppo erzielt worden. Der Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP heute, die Vorbereitungen dafür liefen bereits. Er machte keine Angaben zu Zivilisten, die den Aufständischen zufolge ebenfalls ab heute Morgen die Stadt verlassen sollten.
Einwohner warteten auf den Beginn der geplanten Evakuierung. Menschen versammelten sich nach Sonnenaufgang bei winterlichen Temperaturen auf den Strassen, wie Einwohner aus Ost-Aleppo der Nachrichtenagentur dpa berichteten.
Rotes Kreuz soll Verletzte wegbringen
Aus regierungsnahen Medienkreisen hiess es, Busse zum Transport der Menschen seien unterwegs. Das internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte, es sei von den Parteien gebeten worden, Verletzte aus Ost-Aleppo zu bringen. Ambulanzen ständen zur Versorgung der Menschen bereit.
Bereits gestern Abend hatte der Sprecher der radikal-islamischen Miliz Ahrar al-Scham, Ahmed Kara Ali, erklärt, eine neue Waffenruhe solle in Kürze in Kraft treten. Ein Sprecher der Rebellengruppe Nur al-Din al-Sinki bestätigte die Meldung. Auch Ein Vertreter der Militärallianz, die aufseiten der Regierungstruppen kämpft, bestätigte die Waffenruhe.
Aktivisten berichteten am frühen Morgen zugleich, die Kämpfe hätten abgenommen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete jedoch, es habe in der Nacht Gefechte zwischen Regime und Rebellen gegeben.
Waffenruhe wurde zunächst nicht umgesetzt
Ein am Dienstag ausgehandeltes Abkommen über den Abzug von Kämpfern und Zivilisten aus Aleppos Rebellengebieten war gestern zunächst nicht umgesetzt worden. Russland als Unterstützer der Regierung beschuldigte die Regimegegner, sich nicht an die Einigung gehalten und die Waffenruhe gebrochen zu haben.
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow sagte gestern, er hoffe, dass sich die Lage in Ost-Aleppo in zwei bis drei Tagen endgültig entspannen werde. In einem Telefonat mit seinem US-Kollegen John Kerry bekräftigte er, dass die syrische Regierung zum freien Abzug der Rebellen aus Ost-Aleppo bereit sei.
Die Rebellen warfen den mit der Regierung verbündeten iranischen Milizen vor, sie hätten das gestern erzielte Abkommen mit neuen Angriffen zum Scheitern gebracht. Demnach soll der Iran gefordert haben, dass auch die Blockade der vor allem von Schiiten bewohnten Orte Fua und Kafraja im Nordwesten Syriens aufgehoben wird. Diese werden seit langem von Rebellen belagert.
Die aufseiten der Regierung von Bashar al-Assad kämpfende schiitische Hisbollah-Miliz bestätigte dann in der Nacht in ihren Medien die Einigung und den anstehende Abzug der Rebellen aus Ost-Aleppo. Dieser solle «in den kommenden Stunden» beginnen, hiess es. Offenbar hatte es eine Einigung über den Abzug von Zivilisten aus den von Rebellen belagerten Orten Fua und Kafraja gegeben.
«Das ganze Land von Terroristen säubern»
Der syrische Präsident Baschar al-Assad will auch nach einer Eroberung Aleppos weiter gegen die Rebellen vorgehen. Er sagte dem russischen Staatsfernsehen: «Von einer Feuerpause kann keine Rede sein». Mit Milde könnten nur «Terroristen» rechnen, die sich ergeben oder den Kampfort verlassen. Die Kämpfe gingen weiter, bis «das ganze Land von Terroristen gesäubert» sei.
Die syrische Armee hatte zusammen mit ihren Verbündeten vor einem Monat eine Offensive auf die Rebellengebiete in Ost-Aleppo begonnen. Die frühere Handelsmetropole war jahrelang zwischen Regime und Rebellen geteilt und gilt heute als Symbol für den Krieg. (SDA/stj/noo)