Reaktionen zur Comey-Entlassung
«So etwas hat es seit Watergate nicht gegeben»

Nach der Entlassung des FBI-Direktors James Comey herrscht Aufruhr in Washington. Es wird über den wahren Grund spekuliert – und ein unabhängiger Sonder-Ermittler in der Russland-Untersuchung gefordert.
Publiziert: 10.05.2017 um 04:49 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:01 Uhr
Auch Richard Nixon feuerte jemanden, der gegen ihn ermittelte – später musste er zurücktreten.
Foto: Hulton Archive

Die Entlassung des FBI-Direktors James Comey kommt für Politiker und Experten aus allen Lagern überraschend. Nicht nur der Zeitpunkt, auch der offiziell Grund dafür wirft Fragen auf.

Sogar beim konservativen Sender «Fox News» ist man konsterniert. Experte Charles Krauthammer sagt: «Gemäss dem Brief des Weissen Hauses wurde Comey für etwas entlassen, was am 5. Juli passiert ist. Das ist höchst unwahrscheinlich. Der Präsident hätte Comey während der Übergangsphase auswechseln können.»

Und noch etwas macht Krauthammer stutzig: «Es geht um ein Verhalten, das Hillary Clinton geschadet hat. Glauben wir wirklich, dass Donald Trump nach all diesen Monaten plötzlich entschieden hat, diesen Typen zu feuern, weil er Hillary im letzten Juli geschadet hat?»

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Was ist der wahre Grund?

Die Frage nach dem wahren Grund für Comeys Entlassung wird zurzeit heiss diskutiert. Immer wieder fällt der Vergleich mit dem «Saturday Night Massacre» in den Siebzigerjahren, als der damalige Präsident Richard Nixon einen unabhängigen Sonderermittler entliess. Gegen Nixon wurde später ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.

CNN-Rechtsexperte Jeffrey Toobin bezeichnet Trumps Aktion als «grotesker Machtmissbrauch». «Ich habe nichts Vergleichbares gesehen, seit Richard Nixon 1973 Arichbald Cox, den Ermittler der Watergate-Affäre, entlassen hat».

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Mehrere Politiker im US-Parlament ziehen Parallelen zu dem Fall. So etwa der demokratische Senatur Richard Blumenthal: «Noch nie seit Watergate wurden unsere Rechtssysteme derart bedroht und unser Glaube an die Unabhängigkeit und Integrität dieser Systeme derart geprüft.»

Die Vergleiche ziehen so weite Kreise, dass sich die Nixon-Bibliothek in Kalifornien auf Twitter zu einer Richtigstellung gezwungen sah: Nixon habe nie den FBI-Direktor gefeuert.

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Eine Parallele jedoch bleibt: ein US-Präsident, denjenigen entlässt, der gegen ihn ermittelt.

In der Regel lassen US-Präsidenten tunlichst die Finger von FBI-Direktoren, aus Angst vor den Konsequenzen. Die einzige Ausnahme war Bill Clinton. Er feuerte den FBI-Chef William S. Sessions 1993, weil dieser Steuern hinterzogen und Regierungsgelder für Privates missbraucht hatte. Das waren aber ganz andere Vergehen als das, was Comey vorgeworfen wird.

Spezial-Ermittler gefordert

Damit die Untersuchung, welche Verbindungen das Trump-Team zu Russland hatte, nicht versandet, fordern Politiker nun einen Spezial-Ermittler. Chuck Schumer, Fraktionsführer im US-Senat, sagt: «Es ist beunruhigend, dass sich Justizminister Jeff Sessions, der wegen Befangenheit bei der Russland-Untersuchung in den Ausstand getreten ist, eine Rolle bei der Entlassung des Mannes spielt, der die Untersuchung anführt.»

Es sei zwingend Zeit für einen unabhängigen Sonder-Ermittler. Mehrere Demokraten und mindestens zwei Republikaner im US-Parlament stellten sich hinter diese Forderung. (rey/SDA)

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