Am Mittwochabend gegen 19.50 Uhr wurde das grösste Puff Berlins von 680 Polizisten, 220 Zoll- und Steuerfahndern sowie 7 Staatsanwälten durchsucht. Die Stadtautobahn neben dem Grossbordell Artemis in Berlin wurde für die Razzia komplett gesperrt. Die Beamten rasten mit 50 Einsatzwagen auf das Gelände.
Grund für den riesigen Polizeieinsatz: Das Artemis soll ein Dienstleister für selbstständig arbeitende Prostituierte sein, die gegen feste Beträge die Räumlichkeiten nutzen dürfen. Nun erfuhren die Fahnder, dass die Frauen aber nur zum Schein selbstständig arbeiteten. Ihnen würden nicht nur Arbeitszeiten vorgegeben, sondern auch Preise und Sexualpraktiken diktiert. Die Frauen würden wie Angestellte behandelt und «maximal ausgebeutet», sagte Staatsanwalt Sjors Kampstra. Die «Hells Angels» sollen ebenfalls in den Fall verwickelt sein und die Frauen zur Prostitution gezwungen haben.
Zwei Betreiber und vier Hausdamen festgenommen
Gemäss Aussagen von Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, wird gegen die Verantwortlichen wegen Steuerdelikten und Menschenhandel ermittelt. Die Behörden sprechen von kriminellen Schäden in der Höhe von bis zu 23 Millionen Euro. 17,5 Millionen sollen vor den Sozialkassen versteckt worden sein, weitere sechs Millionen sackten die Geschäftsführer durch Steuerhinterziehung ein. Zwei Betreiber des Bordells sowie vier Hausdamen wurden nach der Durchsuchung festgenommen.
Dass so viele Beamte im Einsatz waren, ergab sich aus den vielen Menschen im Bordell, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich gegenüber dem deutschen TV-Magazin «taff». Um die 230 Personen sollen sich nach seinen Angaben im Gebäude aufgehalten haben. Darunter 118 Prostituierte und 114 Freier.
Sorge bei Berliner Taxifahrern
Die Berliner Taxifahrer sind nun am Bangen. Durch die Razzia befürchten sie einen Rückgang ihrer Bordellfahrten. Der Riesenpuff ist einer der am meisten angefahrenen Orte. Wie ein Fahrer gegenüber «taff» sagte, gibt es Touristen, die vom Flughafen aus direkt ins Artemis fahren wollen.
Bei dem 2005 eröffneten Lokal handelt es sich um eines der grössten Bordelle in ganz Deutschland, kurz nach dessen Eröffnung stellte es alle anderen Sexhäuser Berlins in den Schatten. Bis zu 110'000 Freier sollen pro Jahr im Gebäude die Dienstleistungen der Sex-Arbeiterinnen entgegen nehmen. Auf der über 3000 Quadratmeter grossen Vergnügungsfläche können sich 150 Frauen um bis zu 600 Freier kümmern.
Gutschein für «Ausfallentschädigung»
Der FKK-Club öffnete seine Türen nach der Razzia bereits einen Tag später wieder, als «Ausfallentschädigung» für den Vorabend soll es vom Bordell einen Gutschein gegeben haben.
Geschäftsführer Kenan S. bezeichnete sein Bordell gegenüber einer türkischen Zeitung auch schon als «Familienbetrieb». Komisch, dass die Frauen nun aber gegen ihn Vorgegangen sind. Der Name «Artemis» stammt ursprünglich aus dem griechischen und steht für eine Göttin, die Frauen und Kinder beschützen soll. (lz)