Auf einen Blick
- Biden erteilt der Ukraine die Erlaubnis, ATACMS-Raketen gegen russische Ziele einzusetzen
- Russland droht mit einer «nuklearen Antwort»
- Am Donnerstag erfolgte der erste russische Angriff mit einer Interkontinentalrakete
- Die gegenseitigen Drohungen nehmen zu
Wenn sie in den Krieg ziehen: Kreml will jungen Russen hohe Schulden erlassen
Der Kreml will Menschen für den Einsatz im Krieg mit einem neuen Gesetz Kreditschulden von bis zu zehn Millionen Rubel (rund 85'000 Euro) erlassen. Damit sollen Anreize für den Dienst an der Front in der Ukraine geschaffen werden. Wer sich jetzt vertraglich für den Einsatz im Krieg verpflichte, egal ob Rekruten, Wehrpflichtige oder Vertragssoldaten, dem würden Kreditschulden erlassen. Auch Frontsoldaten, die bereits im Einsatz stehen, könnten in den Genuss dieses Gesetzes kommen, sofern ihnen aktuell wegen nicht abgezahlter Kredite Zwangsmassnahmen drohen. Präsident Wladimir Putin (71) hatte das entsprechende Gesetz bereits am Samstag unterzeichnet, wie russische Medien berichteten.
Moskau nutzt damit die Zwangslage junger Russen aus, die häufig verschuldet sind. Die russischen Streitkräfte in der Ukraine brauchen nach schweren Verlusten neue Soldaten. Trotz guter Besoldung haben sich zuletzt nur wenige Freiwillige für den Einsatz gemeldet. Russland hat als Verstärkung zuletzt über 10'000 nordkoreanische Soldaten in seine Streitkräfte für den Einsatz in der Ukraine aufgenommen.
Russische Militärblogger kritisieren Kommandanten: «Das sind Verbrecher»
Seit fast drei Jahren sterben jeden Tag russische und ukrainische Soldaten auf dem Schlachtfeld. Zwar existieren keine eindeutigen Zahlen darüber, wie viele Männer pro Tag ums Leben kommen, doch Experten vermuten, dass regelmässig mehr als 1000 Russen pro Tag fallen.
Russische Militärblogger kritisierten in den vergangenen Monaten ihre Kommandanten aufgrund der hohen Opferzahlen bei der Infanterie mehrfach. Und die Kritik wächst weiter. Wie der russische Militärblogger «Zapitski Veterana» berichtet, sind die hohen Verluste dem Mangel an wirksamer Drohnenabwehr geschuldet. Die Ausrüstung sei nicht gut genug. Ein Trupp wäre jeweils nur mit einem schwach gepanzerten Fahrzeug unterwegs. Zudem würden fehlende elektronische Überwachungssysteme die Soldaten den abgefeuerten ukrainischen Drohnen direkt aussetzen. Für die Ukraine sei es ein Kinderspiel, im Nu die ganze Ausrüstung zu zerstören. «Ein Kommandant, der Einheiten ohne elektronischen Unterstützungsmassnahmen in den Kampf schickt, ist ein Verbrecher, der vor ein Gericht gestellt werden sollte.»
«Sie wollen nicht, dass dieser Krieg aufhört»: Kreml unterstellt Biden Eskalation
Der Kreml wirft der scheidenden US-Führung von Präsident Joe Biden (81) vor, Pläne des künftigen Staatschefs Donald Trump (78) zur Lösung des Ukraine-Konflikts zu untergraben. «Trump hat im Wahlkampf davon gesprochen, dass er auf irgendeine Weise Frieden schaffen will und alle auf einen friedlichen Pfad führt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem russischen Fernsehen. «Und jetzt tun sie alles, um die Lage so zu eskalieren, dass Friedensvereinbarungen zum Scheitern verurteilt sind», sagte Peskow für die politische Magazinsendung «Moskau. Kreml. Putin».
Peskow nannte Bidens Regierung Falken. «Sie haben mehrfach gezeigt, dass sie alles tun wollen und werden, damit dieser Krieg nicht aufhört.» Die US-Demokraten wollten damit Trump einschränken und sich für die Wahlniederlage rächen, unterstellte er. Trump wird sein Amt am 20. Januar 2025 antreten.
Ex-Oberbefehlshaber der Ukraine spricht vom «Dritten Weltkrieg»
Wie die «Frankfurter Rundschau» berichtet, sprechen Vertreter Kiews erstmals vom Beginn eines «Dritten Weltkriegs». Die Aussage stammt vom ukrainischen Botschafter im Vereinigten Königreich und früheren ukrainischen Oberbefehlshaber, Waleri Saluschni.
An einer Veranstaltung des Mediums «Ukrainska Pravda» sagte er: «Ich glaube, dass wir im Jahr 2024 mit Sicherheit davon ausgehen können, dass der Dritte Weltkrieg begonnen hat.» Er begründete dies damit, dass die Ukraine nicht nur gegen Russland kämpfe, sondern auch gegen nordkoreanische Soldaten und iranische Drohnen.
«Die Ukraine hat es nicht mehr nur mit Russland zu tun», erklärte Saluschni. «Wir stehen auch nordkoreanischen Soldaten gegenüber. Seien wir ehrlich: Im Iran hergestellte Shaheds, also Kamikaze-Drohnen, töten offen Zivilisten in der Ukraine.» Zudem, so betonte Saluschni weiter, würden auch nordkoreanische Raketen und chinesische Artilleriegeschosse in der Ukraine eingesetzt.
Russland soll jemenitische Söldner für den Kampf in der Ukraine rekrutiert haben
Laut eines Berichts der «Financial Times» sollen die russischen Streitkräfte Hunderte jemenitische Söldner für den Kampf in der Ukraine rekrutiert haben. Die Rekrutierung soll demnach bereits im Juli begonnen haben. Ein der «Financial Times» vorliegender Anwerbungsvertrag ist vom 3. Juli datiert und soll vom Leiter eines Auswahlzentrums für Söldner in der Stadt Nischni Nowgorod unterzeichnet worden sein.
Ein jemenitischer Rekrut, der Textnachrichten mit der «Financial Times» austauschte, schätzte, dass er zu einer Gruppe von rund 200 Jemeniten gehöre, die im September nach ihrer Ankunft in Moskau in die russische Armee eingezogen wurden. Während einige unter ihnen erfahrene Kämpfer gewesen seien, hätten viele keine militärische Ausbildung gehabt. Die Söldner seien dazu verleitet worden, nach Russland zu reisen und Verträge zu unterzeichnen, die sie gar nicht lesen konnten, so der Rekrut.
Mehrere jemenitische Rekruten berichteten der «Financial Times» zudem, dass man ihnen gut bezahlte Jobs und sogar die russische Staatsbürgerschaft versprochen habe. Als sie dann aber mithilfe eines mit den Huthi verbundenen Unternehmens eintrafen, seien sie zwangsweise in die russische Armee eingezogen und an die Front in der Ukraine geschickt worden.
Die Huthi liess eine Anfrage der «Financial Times» unbeantwortet. Mohammed al Bukhaiti, ein Mitglied des Huthi-Politbüros, sagte jedoch Anfang November gegenüber der russischen Nachrichten-Website Meduza, man stehe in «ständigem Kontakt» mit der russischen Führung, «um diese Beziehungen in allen Bereichen, einschliesslich Wirtschaft, Politik und Militär, auszubauen».
Der US-Sondergesandte für den Jemen, Tim Lenderking, bestätigte gegenüber der «Financial Times», dass Russland aktiv Kontakte zu den Huthis suche und über Waffenlieferungen diskutiere. «Wir wissen, dass russisches Personal in Sanaa dabei hilft, diesen Dialog zu vertiefen», sagte er. «Die Art der Waffen, die diskutiert werden, ist sehr besorgniserregend und würde es den Huthis ermöglichen, Schiffe im Roten Meer und möglicherweise darüber hinaus besser anzugreifen.»
Das Auftauchen der jemenitischen Söldner in der Ukraine zeigt, wie der Konflikt angesichts steigender Opferzahlen und der Versuche des Kremls, eine vollständige Mobilisierung zu vermeiden, immer mehr Soldaten aus dem Ausland anzieht. Die Rekrutierungsbemühungen im Jemen unterstreichen auch, wie Russland, getrieben von seiner Konfrontation mit dem Westen, sich dem Iran und verbündeten militanten Gruppen im Nahen Osten annähert.
Ukraine wehrt russische Drohnenangriffe ab
Russland hat die Ukraine über Nacht erneut mit Schwärmen von Kampfdrohnen angegriffen. Die ukrainische Luftwaffe teilte morgens mit, von 73 georteten Drohnen seien 50 abgeschossen worden. Knapp 20 Drohnen seien vermutlich durch elektronische Abwehr ausser Gefecht gesetzt worden. In der Hauptstadt Kiew dauerte der nächtliche Luftalarm länger als drei Stunden. Mehr als zehn Drohnen, die die Stadt bedrohten, seien abgefangen worden, teilte die Militärstadtverwaltung auf Telegram mit.
Das russische Verteidigungsministerium in Moskau wiederum berichtete, über Nacht seien mehr als 30 ukrainische Drohnen abgefangen worden. Allein über dem Gebiet Kursk wurden nach Angaben von Gouverneur Alexej Smirnow 27 ukrainische Drohnen sowie zwei Raketen abgeschossen. Angaben zu Schäden wurden nicht gemacht. Die Zahlenangaben der Militärs sind nicht im Detail überprüfbar. Sie lassen aber Rückschlüsse auf das Ausmass der gegenseitigen Angriffe zu.
Putin will Ukraine laut Geheimplan aufteilen
Der ukrainische Geheimdienst hat Pläne bekannt gemacht, laut welchen Putin die Ukraine bei einem Kriegssieg in drei Teile aufspalten möchte. Das Dokument, das aus dem russischen Verteidigungsministerium stammen soll, erklärt den Osten des Landes, darunter Donezk, Luhansk, Saporischschja, Cherson und die Krim zu russischem Staatsgebiet.
Die Hauptstadt Kiew soll zusammen mit Sumy und Odessa zu einer «prorussischen Staatseinheit» gemacht werden und ebenfalls unter russischer Kontrolle stehen. Den restlichen, westlichen Teil des Landes will Russland «umstritten» lassen. Eventuell sollen Teile des Gebiets an Polen, Rumänien oder Ungarn abgetreten werden. Wie Reuters berichtet, plant Putin, diese Pläne mit Trump besprechen zu wollen, sobald dieser als US-Präsident vereidigt wird.
Selenski glaubt an mögliches Kriegsende 2025
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski glaubt an Möglichkeiten zur Beendigung des Kriegs im kommenden Jahr. «Wann wird der Krieg enden? Wenn Russland will, dass der Krieg endet. Wenn Amerika eine stärkere Position einnimmt. Wenn der globale Süden auf der Seite der Ukraine und auf der Seite der Beendigung des Krieges steht», sagte Selenski im Gespräch mit Vertretern ausländischer Medien in Kiew auf der dritten Internationalen Konferenz zur Ernährungssicherheit «Getreide aus der Ukraine».
Paris wiederholt: Beschuss Russlands durch Kiew zur Verteidigung OK
Die Ukraine darf von Paris gelieferte Raketen mit hoher Reichweite laut Frankreichs Aussenminister Jean-Noël Barrot «in der Logik der Selbstverteidigung» auch auf Russland abfeuern. Ob dies tatsächlich bereits geschehen ist, sagte der Minister in einem in Auszügen vorab veröffentlichten Interview des britischen Senders BBC aber nicht. Von einer förmlichen oder jüngst formulierten Erlaubnis war nicht die Rede, vielmehr wiederholte Barrot Frankreichs bekannte Position.
Ein Sprecher des französischen Aussenministeriums sagte, Präsident Emmanuel Macron habe bereits im Mai während seines Staatsbesuchs in Deutschland erklärt, die Ukraine müsse in der Lage sein, russische Militärziele zu neutralisieren, die direkt in Einsätze gegen ihr Territorium verwickelt seien. Das Völkerrecht sei eindeutig: Die Ukraine habe das Recht, sich zu verteidigen.
Beschuss Russlands gehört zur «Selbstverteidigung»
«Dieses Recht ist nicht auf das ukrainische Hoheitsgebiet beschränkt. Die Möglichkeit, dass weitreichende Raketen Russland treffen könnten, ist Teil der Selbstverteidigung der Ukraine, die für die Verteidigung der Integrität ihres Territoriums kämpft, und Teil der Sicherheit der Europäer», sagte der Sprecher.
Die Ukraine hatte diese Woche dem Vernehmen nach weitreichende Raketen vom Typ ATACMS aus US-Produktion und britische Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow auf Militärziele in Russland abgefeuert. Frankreich hatte im Schulterschluss mit Grossbritannien seit Juli 2023 damit begonnen, die Ukraine mit Raketen des Typs Storm Shadow zu beliefern - die französische Bezeichnung für die Raketen ist Scalp.
Russland spricht von «Todesstoss» für die Ukraine
Moskau kritisierte die Äusserungen des französischen Aussenministers scharf. Die Genehmigung zur Nutzung weitreichender Raketen gegen Russland sei «keine Unterstützung für die Ukraine, sondern vielmehr ein Todesstoss für die Ukraine», sagte Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.
Ukraine feuert Rakete auf besetzten Hafen Berdjansk
Die Ukraine hat den Hafen der russisch besetzten Stadt Berdjansk am Asowschen Meer mit einer Lenkrakete beschossen. Das teilte der Leiter der regionalen Besatzungsverwaltung, Jewgeni Balizki, mit. «Keine Verletzten. Die Brandherde, die der Einschlag verursacht hatte, wurden gelöscht», schrieb er auf Telegram. Die Arbeit des Hafens sei nicht beeinträchtigt worden. Diese Angaben waren nicht überprüfbar.
Ukrainische Telegramkanäle berichteten, in der Hafenstadt sei am Freitagabend kurz vor Mitternacht eine laute Explosion zu hören gewesen. Berdjansk war nach Mariupol der zweitwichtigste Hafen der Ukraine am Asowschen Meer, einem Nebenmeer des Schwarzen Meeres.