Rajoys Vize regiert nun in Katalonien – und ist zu Höherem berufen
Soraya von Spanien schaut zum Rechten

Soraya Sáenz de Santamaría hat die Machtübernahme in Barcelona reibungslos geschafft.
Publiziert: 02.11.2017 um 23:28 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:10 Uhr
Soraya Saenz de Santamaria spricht vor dem Unterhaus in Madrid, Spanien.
Foto: EPA
René Lüchinger

Ins Rampenlicht trat Soraya Sáenz de Santamaría (46) an jenem schicksalhaften 1. Oktober 2017, als der Urnengang zur Unabhängigkeit Kataloniens von der paramilitärischen Guardia Civil aus Madrid mit teilweise brachialer Gewalt gestört wurde.

DARF NICHT MEHR VERWENDET WERDEN
Foto: REUTERS

Am Abend stellte sich die Vize des spanischen Premiers Mariano Rajoy (62) im blaufarbenen Deuxpièce den TV-Kameras und sprach ins Mikrofon, als würde sie Börsenkurse mitteilen. «Es hat kein Referendum gegeben», verkündete sie nüchtern, «das Vorgehen der Ordnungskräfte war verhältnismässig.» Es war das erste offizielle Statement der spanischen Regierung nach dem ihrer Meinung nach illegalen Plebiszit.

Sie nennen sie «La Merkel»

Seither ist das Gesicht von Sáenz de Santamaría über die Landesgrenzen hinaus bekannt. «Sie nennen sie ‹La Merkel›», wusste etwa die Hamburger «Zeit». Wohl weil die Spötter die nur 1,50 Meter grosse Frau einst «Rajoys Mädchen» nannten – wie es seinerzeit Kanzler Helmut Kohl mit der heutigen deutschen Regierungschefin getan hatte. Der Berliner «Tagesspiegel» titelte: «Soraya Sáenz de Santamaría – die eiserne Lady Spaniens.» Das kommt der Sache schon näher.

Seit der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont (54) sich nach Brüssel abgesetzt hat, führt sie die politischen Geschäfte als Interims-Ministerpräsidentin in Barcelona. Sie ist damit Chefin über die 200'000 Angestellten der katalanischen Verwaltung.

Wer geglaubt hatte, es mit der kleinen Frau aufnehmen zu können, wurde schnell eines Besseren belehrt. Sáenz de Santamaría agiert ohne Zaudern, klar in Worten und politisch geschmeidig. Wer opponiere, müsse mit Gehaltsstopp und rechtlichen Folgen oder gar Entlassung rechnen, stellte sie klar.

Die Chefin setzt auf Einheimische

Sie schickte nicht etwa einen Stosstrupp aus Madrid in die katalanischen Ministerien, sondern setzt auf loyale Einheimische. Nach fünf Tagen im Amt ist klar: Die Machtübernahme ist reibungslos vollzogen.

In Spanien nennen sie alle nur «Soraya» und etliche sind überzeugt: Das ist in naher Zukunft die erste Premierministerin des Landes.

Haftbefehle gegen die Abgesetzten

Düsterer sieht die Zukunft der Köpfe der Unabhängigkeitsbewegung aus. Gegen neun Minister der abgesetzten Regionalregierung wurde gestern Untersuchungshaft angeordnet. Und Ex-Regierungschef Puigdemont sowie vier weitere Ex-Minister haben europäische Haftbefehle am Hals.

Katalonien-Krise: Die aktuellen Ereignisse gibt es im Newsticker.

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