Ihr Zweck ist nicht geklärt. Wurden sie einst als Würfel für Glücksspiele gebraucht? Für Zauber, Wahrsagerei, Magie? Niemand weiss es. In England wurde unlängst ein bestens erhaltener Dodekaeder aus der Römerzeit gefunden. Der Zweck des so runden wie eckigen Objekts mit Löchern? Niemand weiss es.
Ein Dodekaeder, das ist ein «zwölfseitiger Würfel», der nur aus identischen, regelmässigen Vielecken besteht und durch eine Fülle von erstaunlichen mathematischen Eigenschaften verblüffen. Die zwölf kongruenten Fünfecke haben 30 gleich langen Kanten und 20 Ecken. An jeder Ecke treffen jeweils drei der Fünfecke zusammen. Hohl und durchbrochen, besitzt jede Seite eine runde Öffnung unterschiedlicher Grösse. Zwölf Öffnungen werden gerahmt von konzentrischen Kreisen.
Amateur-Archäologen haben letzten Sommer im englischen Lincolnshire das bislang wohl am besten erhaltene Stück gefunden. Es hat einen Durchmesser von etwa acht Zentimetern und wiegt ein Viertelkilogramm. Gross wie eine Grapefruit, besteht es aus zur Hauptsache aus Kupfer, mit Anteilen von Zinn und Blei. Sein Alter wird auf 1700 Jahre geschätzt.
Bis heute ein Rätsel
Über die Jahre sind etwa 130 solche Dodekaeder in West- und Nordeuropa gefunden worden, auch schon in der Schweiz. Und noch immer wird gerätselt, was denn eigentlich der Zweck der Dinger ist.
«Schon der Anblick des filigran gearbeiteten Objektes hat etwas Mysteriöses», schreibt das Online-Portal Nordisch.info. Bei jeder neuen Entdeckung von einem Dodekaeder bestehe die «Hoffnung, dass doch das direkte Umfeld des Fundes die Bedeutung mitliefern möge». Auch nach dem neuesten Fund in einem Acker etwa 60 Kilometer südöstlich von Sheffield «konnten die Archäologen ausser dem Objekt selbst nichts Greifbares zu dessen früherer Verwendung finden».
Bis heute gibt es nur Mutmassungen, worum es sich bei Dodekaedern gehandelt haben könnte. Da sie in zeitgenössischen römischen Texten nicht erwähnt werden und keinerlei Beschriftung tragen, bleibt ihr Zweck bis heute ein Rätsel.
Kalender? Messergät? Zum Weben?
Am plausibelsten erscheint, dass die Artefakte in gallorömischen Regionen als religiöse oder kultische Zweckobjekte verwendet wurden. Beispielsweise für Wahrsagerei oder Zauberei. Das würde erklären, weshalb alte Quellen nichts zur Existenz solcher Artefakte erwähnen. Im alten Rom war Magie verboten. Ergo wurde nichts darüber geschrieben.
Vielleicht waren Dodekaeder ganz praktisch für Handarbeiten, mutmassen Forscher. Im Internet kursieren Videos, die plausibel erklären, wie man mit einem Dodekaeder damals hätte stricken können.
Oder waren es Kalender? Das Sonnenlicht würde je nach Jahreszeit in unterschiedlichen Winkeln durch die Löcher mit unterschiedlichen Durchmessers fliessen. Oder... ungewöhnlich exakt gearbeitete Messgeräte?
Selbst Funde in Fernost
Gefundene Dodekaeder weisen auch kaum Gebrauchsspuren auf, was charakteristische Merkmale für Haushaltswerkzeuge oder Waffen wären. Es sind kleine, wie aus Meisterhand geschaffene Meisterwerke, wohl kaum für die Verwendung im Alltag gedacht.
Noch mysteriöser macht Dodekaeder, dass auch ausserhalb des Römischen Reichs sehr ähnliche Objekte gefunden wurden, inklusive der Löcher und Zäpfchen an den Ecken. In Vietnam und Myanmar wurden Dodekaeder ausgegraben, allerdings kleinere und aus Gold.