Nördlich von Jerusalem töten zwei Palästinenser mit einem Messer einen Israeli – er ist noch ein Kind, erst 13-jährig. Auch die Täter sind erst 13 und 15 Jahre alt. Der ältere wird von israelischen Sicherheitskräften erschossen, der jüngere liegt im Spital. Nur kurz vor dieser Attacke versuchte eine 16-jährige Palästinenserin, einen israelischen Polizisten zu erstechen.
Diese Vorfälle von Anfang Woche stehen für eine neue Welle der Gewalt, die sich seit rund zwei Wochen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern abzeichnet. Die Täter kämpfen mit kleinen Messern, mit Schraubenziehern – und mit Kartoffelschälern.
Unter den Angreifern und den Protestierenden sind viele Studenten. «Wir haben es mit einer Generation zu tun, die sich weder von politischen Autoritäten noch von ihren Eltern aufhalten lässt», sagt Sicherheitsexperte Eli Carmon vom Internationalen Anti-Terror-Institut in Herzlia auf Spiegel.de.
Es scheint, als begehrten insbesondere auch die Frauen auf. Im besetzten Westjordanland etwa schliessen sich Palästinenserinnen vermehrt Anti-Israel-Protesten an. Sie skandieren Parolen und werfen Steine und Molotowcocktails auf Soldaten.
«Nicht nur die Jungs entscheiden über das Schicksal der Nation», zitiert die Nachrichtenagentur AFP eine 18-Jährige. «Wir sind jetzt 18, erwachsen und haben keine Angst mehr.»
In Israel leben rund 18'000 Personen mit einem Schweizer Pass. Auch sie sind auf der Hut. «Man weiss nie, wo gerade ein einsamer Wolf zuschlägt», sagt der Zürcher Werbe- und Marketingberater Jacques Korolnyk (70). Er wanderte vor sechs Jahren nach Netanya nördlich von Tel Aviv aus und präsidiert die Gesellschaft Israel-Schweiz.
Korolnyk sieht das Problem auf beiden Seiten: «Es gibt nicht nur bei den Palästinensern Extremisten. Ein kleiner Funke reicht, und schon gibt es einen Flächenbrand, der kaum mehr zu löschen ist.»
Dass die neue Gewalt von einer neuen Generation kommt, überrascht ihn nicht sonderlich. Korolnyk: «Die Extremen von einst sind älter und somit kampfmüder geworden. Je älter man ist, desto mehr schätzt man die Ruhe. Bei der jungen Generation scheint sich ein indoktrinierter Hass zu stauen, der nun teilweise ausbricht.»
Viele seiner Bekannten verzichten aus Sicherheitsgründen zurzeit auf Bus- und Bahnfahrten oder Einkaufstouren. Ganz schlimm ist für Korolnyk, dass die Gewalt auch vor Kindern und Alten nicht haltmacht.
Im Gegensatz zu den beiden Intifadas in den Jahren 1987 bis 1993 sowie 2000 bis 2005 scheinen die jüngsten Attentate viel weniger organisiert zu sein. Deshalb will Jacques Korolnyk auch den Ausdruck Intifada nicht in den Mund nehmen. Gewalt in der Region gebe es seit 2000 Jahren und sie schwelle wellenmässig an und ab. Korolnyk: «Wir zählen die Tage, an denen nichts passiert.»