Die Ursache für den Absturz einer Boeing 737-800 der Fluggesellschaft China Eastern ist nach wie vor völlig unklar. Die Maschine mit 123 Passagieren und neun Besatzungsmitgliedern war am Montag in einer bergigen Gegend der südchinesischen Region Guangxi zerschellt. Es gab keine Überlebenden.
Die vorliegenden Daten zum Absturz stellen Experten vor ein Rätsel. Die Boeing 737-800 hatte in kürzester Zeit an Flughöhe verloren und war nahezu senkrecht abgestürzt, wie Daten der Flug-Website Flightradar24 zeigten.
Innerhalb von drei Minuten fiel die Maschine aus 8870 Metern auf eine Höhe von 982 Metern, ehe sie vom Radar verschwand. Der Ex-Chef der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde (BEA), Jean-Paul Troadec (73), nannte diese Daten «sehr ungewöhnlich». Es sei aber noch «viel zu früh», um Schlussfolgerungen zu ziehen.
«Das ist unerklärlich»
Der deutsche Luftfahrt-Experte Andreas Spaeth (55) kann sich den plötzlichen Absturz nicht erklären. «Es ist bisher nicht erkennbar, warum genau an jener Stelle, wo normalerweise auf diesem Flug der reguläre Sinkflug beginnt, das Flugzeug urplötzlich fast in freien Fall übergeht», so der Experte zur «Bild». Klar sei nur: «Abstürze aus Reiseflughöhe sind extrem selten, dies ist üblicherweise die ungefährlichste Phase des Fluges.»
Auffällig ist, dass der Absturz bei einer Höhe von rund 2400 Meter für rund zehn Sekunden zu stoppen schien, ehe das Flugzeug seinen Sinkflug fortsetzte. «Das ist im Moment unerklärlich», sagt Experte Spaeth. «Es zeigt zumindest, dass das Flugzeug noch intakt und manövrierfähig war nach dem vorangegangenen extremen Sturzflug.»
Auch der Schweizer Aviatik-Experte Stefan Eiselin (54) bezeichnet den Absturz mit derart hoher Geschwindigkeit als «sehr ungewöhnlich». In der Regel passiere so etwas nicht von einer Sekunde auf die andere, sagte Eiselin zur «Bild». «Hier sieht es danach aus, als wäre alles extrem schnell gegangen.»
Blackbox gefunden
Als mögliche Absturzursachen kommt eine technische Störung ebenso infrage wie medizinische Probleme oder der Selbstmord eines Piloten. Auch ein wetterbedingtes Ereignis oder ein Terroranschlag können bisher nicht ausgeschlossen werden.
Wertvolle Hinweise erhoffen sich die Behörden von der Auswertung einer Blackbox, die bei Sucharbeiten am Mittwoch gefunden wurde. Wie die chinesische Zivilluftfahrtbehörde mitteilte, wurde das Gerät allerdings so sehr beschädigt, dass zunächst unklar war, ob es sich um den Flugdatenschreiber oder den Sprachrekorder im Cockpit handelte. Eine vorläufige Untersuchung ergab, dass es der Sprachrekorder sein dürfte. Die Speichereinheit war demnach relativ vollständig. Das Gerät wurde zur weiteren Begutachtung nach Peking geschickt.
Regenfälle behindern Ermittlungen
Die Ermittlungen werden gerade durch heftige Regenfälle behindert. Ein Reporter des chinesischen staatlichen Fernsehsenders CCTV, der Zugang zur Absturzstelle hatte, sagte am Mittwoch, es bestehe die Gefahr von «kleineren Erdrutschen». Die Bergungsarbeiten wurden demnach unterbrochen.
Durch den Absturz habe sich ein grosser Krater voller Wasser gebildet, sagte der CCTV-Reporter. Bevor die Suche nach Vermissten und den Flugschreibern wieder aufgenommen werden könne, seien möglicherweise Drainagearbeiten erforderlich, um das Gelände trocken zu legen.
Staatschef Xi Jinping (68) forderte die Behörden nach dem Absturz auf, so schnell wie möglich die Ursache des Unglücks zu ermitteln. Medienberichten zufolge lässt China Eastern alle Maschinen von Typ Boeing 737-800 bis auf weiteres am Boden. (sst)