Prunkpalast im Naturschutzgebiet
1001 Zimmer für Erdogan

Für den türkischen Präsidenten wird ein Märchen wahr: Heute bezieht er seinen Weissen Palast. Er wurde schwarz gebaut.
Publiziert: 29.10.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:34 Uhr
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Von Guido Felder

Das Gebäude allein ist mit seinen 40 000 Quadratmetern acht Mal so gross wie das Weisse Haus in Washington. Es hat geheime Tunnels, abhörsichere Konferenzräume und atombomben-sichere Bunker.

Heute, am türkischen Nationalfeiertag, weiht Präsident Recep Tayyip Erdogan (60) seinen gigantischen Weissen Palast bei Ankara ein. Als Standort für seinen Protzbau bestimmte Erdogan ein märchenhaftes Plätzchen.

Der Palast steht auf einem 210 000 Quadratmeter grossen Gelände, das Republik-Gründer Mustafa Kemal Atatürk 1937 zum Naturschutzgebiet erklärt und dem Land vermacht hatte.

Darum erklärte das höchste Verwaltungsgericht der Türkei im März den Bau für illegal. Erdogan, im Sommer im ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt, war das egal.

Er setzte sich – noch als Premierminister – über das Urteil hinweg und liess weiterbauen. Kritiker nennen den Weissen Palast daher den grössten Schwarzbau der Türkei.

Im 1000 Zimmer umfassenden Palast ist eine dreistöckige Wohnung für Erdogans Familie integriert. Türkischen Medien zufolge kostet der Bau 330 Millionen Franken.

Den aktuellen Regierungssitz findet Erdogan mickrig

Seit Atatürks Zeiten war traditionell der Rosa Palast in Ankara Amtssitz des Präsidenten. Erdogan bezeichnete das Gebäude als mickrig und der Republik nicht angemessen.

Für den deutschen Nahost-Experten Udo Steinbach ist klar, was Recep Erdogan mit dem Protzbau bezweckt: «Er will, dass sein Land durch ihn personifiziert wird. Der Palast ist eine Manifestation seiner Grösse», sagt Steinbach zu BLICK.

Mit diesem Palast sowie mit weiteren Mega-Projekten wie dem Mammut-Flughafen in Istanbul und dem Bosporus-Kanal bereitet sich Erdogan auf 2023 vor. Dann feiert die türkische Republik ihren 100. Geburtstag.

Steinbach: «Erdogan will, dass sein Land zu den zehn grössten Industrienationen gehört. Die Türkei soll zu einem Staatswesen werden, das sich unter islamischen Vorzeichen vollendet.»

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