Im ganzen Land demonstrieren Iraner gegen das Mullah-Regime: Bei Zusammenstössen am Rande von «illegalen Protesten» in der Stadt Dorud seien zwei Menschen getötet worden, sagte der stellvertretende Gouverneur der Provinz Lorestan, Habibollah Chodschastehpur, am Sonntag im Staatsfernsehen.
Der Vize-Gouverneur betonte, die Sicherheitskräfte hätten nicht auf die Demonstranten geschossen. Ein Fernsehsender der Revolutionswächter berichtete, «mit Jagd- und Militärwaffen» ausgerüstete Menschen hätten sich unter die Demonstranten gemischt und ziellos in die Menge und auf den Gouverneurssitz gefeuert.
Angesichts andauernder Proteste im Iran kündigte der iranische Innenminister ein entschiedenes Vorgehen an. Wer «die Ordnung stört und gegen das Gesetz verstösst, muss sich dafür verantworten und wird dafür bezahlen», sagte Innenminister Abdulresa Rahmani Fasli am Sonntag im Staatsfernsehen. Der Staat werde gegen «die Verbreitung von Gewalt, Angst und Terror» vorgehen.
An der Teheraner Universität protestierten erst am Samstag rund 70 Studenten gegen die iranische Regierung. Sie wurden allerdings von mehreren hundert regierungstreuen Gegendemonstranten vertrieben, die klar in der Überzahl waren. Unter Rufen wie «Tod den Aufwieglern!» gelang es ihnen, die Demonstranten vom Haupteingang der Universität zu verdrängen.
Die reformorientierte Nachrichtenagentur Ilna zitierte einen Verantwortlichen des Wissenschaftsministeriums, demzufolge es drei Festnahmen gab, zwei Studenten aber wieder freigelassen wurden. Bis zu 400 Demonstranten befanden sich am späten Nachmittag noch im Universitätsviertel, wie die Nachrichtenagentur Mehr meldete.
Innenminister warnte vor weiteren «illegalen Versammlungen»
Strassen in dem Gebiet wurden abgesperrt, es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Am Morgen hatte Innenminister Abdolrahman Rahmani Fasli vor neuen «illegalen Versammlungen» gewarnt. Wer daran teilnehme, schaffe «Probleme für sich und andere».
Am vergangenen Donnerstag waren bei einer regierungskritischen Demonstration in Maschhad mindestens 52 Menschen festgenommen worden. Die Proteste richteten sich ursprünglich gegen die hohe Arbeitslosigkeit und Preissteigerungen, später jedoch auch gegen die Regierung und Staatschef Hassan Ruhani. Laut dem iranischen Fernsehen kamen die meisten der in Maschhad Festgenommenen mittlerweile wieder auf freien Fuss.
Am Freitag hatten sich die Proteste auf die Hauptstadt Teheran und weitere Städte ausgeweitet. Videos im Netz zeigten hunderte Demonstranten bei einem Protestmarsch in der Pilgerstadt Ghom. Dabei wurden Parolen wie «Tod dem Diktator» und «Freiheit für politische Gefangene» gerufen. Grössere Demonstrationen gab es laut Online-Videos auch in Rascht, Hamedan, Kermanschah, Kasvin und weiteren Orten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.
Rufe nach Wiedereinführung der Monarchie
Bei einigen Kundgebungen waren Rufe nach Wiedereinführung der Monarchie zu hören, die 1979 mit dem Sturz des Schahs abgeschafft worden war. Andere Demonstranten forderten die Regierung auf, die militärische und finanzielle Unterstützung für Verbündete ausserhalb der Landesgrenzen einzustellen und sich stattdessen um die eigene Bevölkerung zu kümmern.
Der Nachrichtensender Irinn erklärte, er sei an der Berichterstattung über die Proteste gehindert worden. Grossen Raum nahmen stattdessen in den Staatsmedien am Samstag Kundgebungen von zehntausenden Regierungsanhängern ein, die an den alljährlich stattfindenden Versammlungen zum Jahrestag der Niederschlagung der letzten grossen Protestwelle im Iran im Jahr 2009 teilnahmen.
Das staatliche Fernsehen berichtete am Samstag erstmals über die sozialen Proteste und sprach von «gerechtfertigten Forderungen der Bevölkerung». Zugleich verurteilte es die Medien und «konterrevolutionäre» Gruppen im Ausland, die versuchten, die Proteste zu instrumentalisieren.
«Die Welt schaut zu!»
US-Präsident Donald Trump forderte die iranische Führung auf, die Rechte der Bürger auf freie Meinungsäusserung zu respektieren. Bei Twitter schrieb er: «Viele Berichte über friedliche Proteste iranischer Bürger, die genug haben von der Korruption des Regimes und dem Verschleudern von Staatsgeldern für die Finanzierung von Terrorismus im Ausland. Die iranische Regierung sollte die Rechte seines Volkes respektieren. Miteinbezogen das Recht, sich auszudrücken. Die Welt schaut zu!»
Die Führung habe das Land in einen Schurkenstaat verwandelt
Das US-Aussenministerium erklärte, die USA verurteilten die Festnahme friedlicher Demonstranten scharf. Die Führung in Teheran habe «ein Land mit einer reichen Geschichte und Kultur in einen Schurkenstaat im Niedergang verwandelt, der vor allem Gewalt, Blutvergiessen und Chaos exportiert».
Der Iran verurteilte die Unterstützung der USA für die Proteste im Land scharf. «Das iranische Volk wird diese wertlosen und opportunistischen Bemerkungen der Amerikaner nicht beachten», sagte Aussenamtssprecher Bahram Ghassemi am Samstag.
Der iranische Präsident Hassan Ruhani war im Juni 2013 mit dem Versprechen gewählt worden, die Aufhebung der vom Westen im Atomstreit erlassenen Finanz- und Handelssanktionen zu erreichen. 2015 gelang dies dem Präsidenten, der auch den Verfall der Währung stoppte und die Inflationsrate senkte. Doch die Wirtschaft erholt sich nur langsam, und die Arbeitslosenrate im Iran ist weiterhin hoch. (SDA/kad)